Essen. Der Vorschlag, nach dem 9-Euro-Ticket ein 69-Euro-Ticket im ÖPNV einzuführen, trifft in NRW auf breite Zustimmung. Fragen aber bleiben.
Der Vorschlag des Verkehrsunternehmer-Verbandes VDV, als Nachfolger des populären 9-Euro-Tickets eine bundesweite 69-Euro-Monatskarte im Nahverkehr einzuführen, trifft in Nordrhein-Westfalen auf prinzipiell breite Zustimmung. Skeptisch sehen Branchenvertreter jedoch die Finanzierung. Gefordert wird zudem eine schnelle Entscheidung der Politik.
Teurer als ein Ticket 2000, Preisstufe A
Auch der Fahrgastverband Pro Bahn kann sich mit der Idee anfreunden, hält sie aber für noch nicht ausgereift. „Die Größenordnung stimmt, das Angebot ist nur zu undifferenziert“, sagte Pro Bahn NRW-Sprecher Lothar Ebbers der WAZ. Wer Busse und Bahnen beispielsweise nur innerhalb seiner Stadt nutzen wolle, für den seien 69 Euro zu viel. Ebbers nannte als Beispiel das im Rhein-Ruhr-Raum beliebte Ticket 2000. In der Preisstufe A und mit einer Gültigkeit ab 9 Uhr ist es deutlich billiger als 69 Euro. Regelungen müsse es auch für Schüler- und Azubi-Tickets sowie für das Sozialticket geben, das ebenfalls erheblich preiswerter sei.
NRW-Minister: Preis ist nicht das alleinige Kriterium
Der neue NRW-Umwelt- und Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) betonte, der Erfolg des 9-Euro-Tickets zeige, dass der ÖPNV für die Menschen attraktiv sei. Der günstige Preis sei aber nicht das alleinige Kriterium, auch die einfache Modalität spiele eine Rolle. „Der Bund muss den Menschen, die gemerkt haben, dass der ÖPNV etwas Spannendes sein kann, nun ein Folgeangebot machen, das sich an den Kriterien des 9-Euro-Tickets orientiert“, sagte Krischer der WAZ.
Wie genau der Nachfolger des 9-Euro-Tickets gestaltet sein wird, will Krischer in den kommenden Tagen und Wochen im Kreis der Länderverkehrsministerien und vor allem auch mit der Bundesregierung diskutieren. Dort müsse auch die Entscheidung über die künftige Finanzierung fallen. Krischer: „Die Idee des 69 Euro-Tickets nehmen wir natürlich mit in die Debatten auf.“
VRR begrüßt Vorstoß
Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) begrüßte den Vorstoß des VDV als „richtigen Weg“, die ÖPNV-Tarife bundesweit zu vereinfachen. VRR-Vorstandsmitglied José Luis Castrillo goss im Gespräch mit dieser Redaktion allerdings ein wenig Wasser in den Wein. „Ob ein 69-Euro-Ticket zum jetzigen Zeitpunkt die Lösung ist, können wir nicht seriös bewerten, weil die konkret erforderliche Finanzierung aktuell noch völlig offen ist“, sagte Castrillo. Die Finanzierung bleibe aber die alles entscheidende Frage.
Angebot ab 1. September möglich
Der VDV hatte am Freitag mit seinem Vorschlag, ein bundesweit gültiges 69-Euro-Ticket für den ÖPNV die Debatte über eine oft geforderte Anschlussregelung für die im August auslaufende 9-Euro-Rabatt-Aktion der Bundesregierung weiter angefacht. Die Branche sei in der Lage, ab dem 1. September ein solches Klimaticket anzubieten. Die Kosten dafür kalkuliert der Verband der Verkehrsunternehmer auf etwa zwei Milliarden Euro pro Jahr.
Das Ticket müsse bundesweit gültig sein, entlastend wirken – und dürfe nicht in Konkurrenz zum Ausbau des ÖPNV-Angebots stehen, sagte Wolff. Hubert Jung, Verkehrsvorstand der Dortmunder Stadtwerke und Vize-Präsident des VDV, betonte, das Angebot richte sich vor allem an umstiegs- und zahlungswillige Autofahrerinnen und -fahrer. „Es könnte einen signifikanten Beitrag zur Mobilitätswende und zur Minderung des CO₂-Ausstoßes leisten“, sagte Jung der WAZ. Jung mahnte zudem Ticketvarianten an, „die sozialpolitische Überlegungen“ berücksichtigten.
"Systemumstellung jetzt vorbereitet"
Verkehrsbetriebe in der Region betonen, dass eine Systemumstellung jetzt vorbereitet werden müsse. „Das kann man nicht in ein paar Tagen erledigen“, sagte Bogestra-Sprecher Christoph Kollmann dieser Redaktion. Kollmann: „Unser Appell ist: Es muss schnell gehen.“ Eine formale Entscheidung zur Nachfolge des 9-Euro-Tickets steht jedoch auch innerhalb der VDV-Verbandsgremien noch aus. Darauf wies José Luis Castrillo hin, Vorstandsmitglied des Verkehrsverbundes Rhein Ruhr (VRR). Der VRR ist Mitglied im VDV.