Düsseldorf. Der Job war vor Corona schon hart genug. In der Pandemie wird die Arbeit in Pflegeheimen oft unerträglich, warnen Wohlfahrtsverbände.

Vertreter der freien Wohlfahrtspflege appellierten am „Tag der Pflege“ an die Politik, die Arbeitsbedingungen der Pflege-Fachkräfte in NRW zügig zu verbessern. Die Belastungen während der Pandemie hätten die Schwächen des Pflegesystems schonungslos offengelegt. Mit möglicherweise fatalen Folgen: „Etwa ein Drittel der Pflegerinnen und Pfleger denkt ernsthaft darüber nach, ob dieser Beruf auf Dauer für sie der richtige ist“, sagte Frank Johannes Hensel, Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege NRW, am Mittwoch im Landtag.

„Wenn diese Beschäftigten keine Perspektiven erhalten, dann wird daraus eine Flucht aus dem Beruf“, warnte Elke Hammer-Kunze, Vize-Geschäftsführerin der Arbeiterwohlfahrt im Bezirk Westliches Westfalen. Schon vor Corona seien im Jahr rund 5700 Pflegerinnen und Pfleger aus gesundheitlichen Gründen oder wegen Frühverrentung vorzeitig aus dem Beruf ausgeschieden.

Freizeit ist für viele professionelle Pflegende nicht planbar

Die Spezialisten in den Altenpflegeeinrichtungen hätten in der Pandemie die Bewohner geschützt, dabei herausragende Leistungen gezeigt, seien aber an ihre Grenzen gestoßen, so Hammer-Kunze. Nach Einschätzungen der Wohlfahrtsverbände benötigen die Heime dringend zusätzliches Personal, die Arbeitnehmer dort faire Löhne, gute Weiterbildungs-Angebote, erträgliche Arbeitsbedingungen im Schichtsystem und verlässliche Pausen, damit sie nicht „alle drei bis vier Tage aus der Freizeit gerufen werden“.

Dafür sei eine Pflegereform nötig, die „ihren Namen auch verdient“, sagte Hensel. Da die meisten Beschäftigten in diesem Beruf Frauen sind, seien die besonderen familiären Herausforderungen während der Pandemie wie Betreuung und Homeschooling hier besonders stark spürbar gewesen.

Ausbildungsreform mitten in der Pandemie

Sorgen bereitet den Verbänden auch der Zustand der Pflegeausbildung an den Pflege-Fachschulen und den Hochschulen in NRW. Viele der aktuell rund 16.700 Auszubildenden der Verbände hätten ihre Ausbildung im Coronajahr begonnen. Ausgerechnet in dieser schwierigen Phase wurde eine völlig neue, generalistische Pflegeausbildung etabliert. Die Ausbildungsstätten müssten besser ausgestattet werden, um ihre Aufgaben bewältigen zu können, erklärte Elke Hammer-Kunze.

Die Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege spricht für rund 1300 stationäre und etwa 880 ambulante Pflegeeinrichtungen mit fast 85.000 Beschäftigten.