Essen. Drei Viertel der Menschen in NRW sind mit der Schulpolitik wenig oder gar nicht zufrieden. Eines ist die Schulpolitik für sie aber in jedem Fall.
Drei Monate vor der Landtagswahl ist die Unzufriedenheit mit der Schulpolitik in NRW groß. 73 Prozent der Menschen im größten deutschen Bundesland sind derzeit weniger oder gar nicht mit der Politik von NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) zufrieden. Das geht aus der umfangreichen Umfrage „NRW-Check“ hervor, die das Forsa-Institut im Auftrag dieser sowie 38 weiterer Zeitungstitel in NRW erhoben hat.
Die Kritik könnte für Schwarz-Gelb zum Problem werden: Fast zwei Drittel der Befragten erklärten im NRW-Check, dass Schule und Schulpolitik bei der Landtagswahl am 15. Mai sehr wichtig oder wichtig seien. Eines ist die Schulpolitik damit auf jeden Fall: wahlentscheidend.
Nur ein Prozent ist mit Schulpolitik sehr zufrieden
Die Kritik an NRW-Schulministerin Gebauer (FDP) und ihrer Politik zieht sich durch alle Berufsgruppen und Regionen. Im Ruhrgebiet ist sie mit 76 Prozent etwas ausgeprägter als im Landesdurchschnitt. Auf einer vierteiligen Skala zwischen „sehr zufrieden“ und „gar nicht zufrieden“ gibt gerade einmal ein Prozent der Menschen im Revier an, dass sie an der Schulpolitik nichts auszusetzen haben. Nur jeder Zehnte ist „zufrieden“. Gerade die Generation der Eltern und Großeltern von Schulkindern ärgert sich im Land – bei 30- bis 44-Jährigen und den über 60-Jährigen liegen die Unzufriedenheitswerte leicht über dem NRW-Durchschnitt.
Die FDP-Politikerin Gebauer erhält nicht einmal von der Wählerschaft ihrer eigenen Partei sehr viel mehr Rückhalt. Gerade einmal 17 Prozent der Befragten, die sich als Anhängerinnen und Anhänger der FDP bezeichnen, sind mit der Schulpolitik in NRW zufrieden oder sehr zufrieden. Nur bei der CDU-Wählerschaft ist der Zuspruch etwas höher: 23 Prozent und damit immerhin fast ein Viertel haben an Gebauers Politik in NRW wenig auszusetzen. Mehrheitlich schlägt die Unzufriedenheit aber auch hier durch.
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Corona-Krisenmanagement sorgt für viel Frust, gerade bei Eltern-Generation
Nach konkreten Kritikpunkten wurde im NRW-Check zwar nicht gefragt. Doch wird deutlich, dass gerade die Krisenpolitik in der Corona-Pandemie der Ministerin viele Minuspunkte eingebracht hat. Kurzfristige Änderungen in spät verschickten E-Mails, das Hin und Her bei der Maskenpflicht und steigende Infektionszahlen in den Schulen haben offenbar für viel Ärger und Frust gesorgt.
74 Prozent der Befragten sind mit dem Corona-Management mit Blick auf die Schulen in NRW weniger oder gar nicht zufrieden. Bei der Anhängerschaft von SPD und Grünen sind es sogar jeweils über 80 Prozent, nur die CDU-Anhängerschaft ist mit rund einem Drittel Zustimmung eher zufrieden. In Großstädten ist der Frust besonders groß: 43 Prozent der Menschen in Städten mit 500.000 Einwohnern und mehr sind sehr unzufrieden mit Gebauers Krisen-Management. In Kleinstädten liegt dieser Wert bei 32 Prozent.
Konfliktpunkt: Schulschließung als letztes Instrument in der Pandemie
Bei einer entscheidenden Frage zur Krisenpolitik des Landes sind sich die Befragten selbst uneinig. 41 Prozent glauben, dass man im Fall weiter steigender Infektionszahlen auch wieder die Schulen schließen und Fern- bzw. Wechselunterricht einführen sollte. 50 Prozent sind dagegen, neun Prozent machen keine Angaben. Im Ruhrgebiet gibt es zwischen den beiden Lagern sogar beinahe einen Patt (45 gegen 46 Prozent).
Deutlich gegen Schulschließungen spricht sich lediglich die Gruppe der Arbeiter (61 Prozent) und der FDP-Wählerinnen und -Wähler aus (59 Prozent). Ministerin Gebauer hält an der Präsenzpflicht im Kern fest, ermöglicht im Ausnahmefall aber Distanzunterricht.
Bildungspolitik entscheidet gerade bei Älteren über die Wahl
Über die Schulpolitik war bereits die Vorgängerregierung aus SPD und Grüne 2017 gestolpert. Rot-Grüne verloren bei der damaligen Landtagswahl zusammen fast 13 Prozentpunkte und mussten nach sieben Jahren die Staatskanzlei räumen. Besonders viel Unmut hatte die damalige Bildungsministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) auch deshalb auf sich gezogen, weil sie das Gezerre ums Turbo-Abitur nicht beenden konnte.
Auch diesmal könnte die Schulpolitik wahlentscheidend werden. 63 Prozent der Befragten bezeichnen Bildung als (sehr) wichtig bei ihrer Stimmabgabe. Bei den über 60-Jährigen, die zur größten Wählergruppe gehören, sind es sogar 64 Prozent.