Hamburg. An einer Grundschule in Hamburg wurden für das Abrechnungssystem der Mensa Fingerscans von Schülern gemacht. Der zuständigen Firma ist dabei ein gravierender Fehler unterlaufen: Sie hat Finger von Kindern gescannt, deren Eltern dagegen waren. Die Piraten sind empört. Datenschützer prüfen den Fall.

Bei der Einführung eines Fingerabdruck-Systems an der Adolph-Schönfelder-Grundschule in Hamburg ist dem Anbieter People & Projects IT ein Fehler unterlaufen. Für die Ausgabe des Mittagessens in der Schulmensa wurden Fingerabdrücke von Kindern abgespeichert, deren Eltern ausdrücklich dagegen waren. Der Fall sorgt für viel Aufregung und eine Debatte, ob Fingerabdrücke von Kindern überhaupt nötig sind.

Verschiedene Medien berichteten, dass die Kinder das Mittagessen an der Schule nur gegen Fingerabdruck erhalten hätten. „Wenn es stimmt, dass Kindern mit leerem Magen gedroht worden ist, um an ihre Fingerabdrücke zu kommen, muss die Schulbehörde personelle Konsequenzen in Betracht ziehen“, sagt Sebastian Seeger, Spitzenkandidat der Hamburger Piraten zur Bundestagswahl.

Firma wehrt sich gegen Vorwurf, Kinder hätten nur Essen gegen Fingerabdruck bekommen

Das stimme nicht, sagt Philip Tonne, Sprecher von People & Projects IT. Alle Kinder hätten an diesem Tag ihr Mittagessen, Spaghetti Bolognese, bekommen. Er sei selbst vor Ort gewesen und erklärt den Vorfall so: Er habe am 1. August an der Schule sogenannte Templates aufgenommen. Dabei wird nicht der gesamte Fingerabdruck eingescannt, sondern die Position relevanter Punkte der Fingerlinien.

Tonne habe eine falsche Schüler-Liste mit in die Schule genommen, die offenbar nicht aktualisiert war. So seien die Fingerabdrücke von drei Kindern gescannt worden, deren Eltern das nicht wollten. "Das war unser Fehler, das darf nicht sein", sagt Tonne. Die Kinder, die nicht biometrisch registriert werden dürfen, könnten weiterhin mit einer Chipkarte zahlen.

Daten der Kinder seien wieder gelöscht worden

Insgesamt seien 326 Jungen und Mädchen in der Grundschule registriert worden. "Alle Daten haben wir am 1. August wieder gelöscht", versichert der Unternehmenssprecher. Nun soll ein neuer Scan-Vorgang stattfinden. In der Zwischenzeit würden alle Jungen und Mädchen an der Grundschule ihr Essen weiter bekommen.

Als Konsequenz aus dem Fehler habe die Firma ein Schloss programmiert, damit Tamplates ohne Zusagen der Eltern nicht mehr eingescannt werden. Das Unternehmen bietet ihm Rahmen seines Schulmensaverwaltungssystems die Template-Lösung an rund 16 Schulen in Hamburg, Schleswig-Holstein, Bremen und Niedersachsen an und darüber hinaus auch Chipkarten an fast 200 weiteren Schulen. "Unser System ist durch das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz mit dem Datenschutz-Gütesiegel ausgezeichnet worden", betont Tonne.

Piraten sind gegen biometrische Scans an Schulen

Doch Thomas Michel, Erster Landesvorsitzender der Hamburger Piraten, sagt: In dem Gutachten zur Zertifizierung heiße es, dass der Fingerscan nicht Teil der Begutachtung sei. "Die Darstellung des Anbieters, der Datenschutzbeauftragte von Schleswig Holstein hätte sein System zertifiziert, hat sich als unwahr herausgestellt. Hier müssen rechtliche Schritte geprüft werden", so Michel.

Die Hamburger Politiker der Piraten sind generell gegen Fingerabdruck-Systeme und "jede Erfassung biometrischer Daten an Schulen", sagt Michel. "Durch solche Systeme wird bereits Schülern und Kindern suggeriert, dass es selbstverständlich ist, biometrische Merkmale für Alltagsvorgänge zu nutzen. Damit wird das Bewusstsein für einen möglichen Missbrauch der Daten untergraben", warnt er.

Unerlaubte Fingerscans - Datenschutzbeauftragter prüft den Fall

„Einerseits wollen wir, dass unsere Kinder beispielsweise im Internet möglichst wenig von sich preisgeben. Andererseits lassen wir zu, dass Schulkantinen Daten abfragen, die ansonsten vor allem Strafverfolgungsbehörden erheben“, sagt Seeger.

Die Piraten fordern, dass die Entscheidung, Fingerscanner in Schulkantinen einzusetzen, zurückgenommen werden muss. Es gebe bewährte Systeme zur Bezahlung in den Mensen. "Wenn bargeldlos gezahlt werden soll, müssen die verwendeten Technologien hinsichtlich ihrer Sicherheit überprüft werden. Die Eltern sollten von unabhängiger Stelle über alle Aspekte der eingesetzten Systeme informiert werden", fordert Michel.

Würden Fingerabdrücke von Kindern genommen, sei das Einverständnis der Eltern notwenig, erklärt Arne Gerhards, Sprecher Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz. Zunächst kläre man nun, welche Aufsicht für den Fall zuständig ist, da die Firma in Schleswig-Holstein sitze. Anschließend werde geprüft, ob ein Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen das Unternehmen eingeleitet wird. In extremen Fällen belaufe sich die Strafe auf bis zu 300.000 Euro.