Berlin. Der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder kritisiert die Türkei-Politik der Bundesregierung. Schröder fordert den Beitritt der Türkei in die Europäische Union. Seit 1999 hat das Land einen Kandidatenstatus, die Verhandlungen mit der EU laufen seit 2005.

Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) tritt für eine Vollmitgliedschaft der Türkei in der EU ein. "Die Chance, eine solche boomende Wirtschaft vollintegriert in der EU zu haben, müssen wir nutzen", schreibt Schröder in einem Beitrag für das Magazin "Cicero". Europa brauche ein weiteres starkes Mitgliedsland, um in der Welt zu bestehen. Das Land sei zudem als Schnittstelle zum Nahen Osten wichtig.

Schröder kritisierte die Türkei-Politik der Bundesregierung. "Gerade in einer Zeit, in der die EU in einer tiefen Krise auf Partner angewiesen ist, besteht die Gefahr, dass sich mit der Türkei einer unserer engsten Verbündeten abwendet", schreibt Schröder. In Gesprächen mit Politikern, Unternehmern und Künstlern in Ankara und Istanbul erlebe er immer häufiger eine "tiefe Enttäuschung" über die EU.

Türkei fasst Angebot als Diskriminierung auf

Das Angebot einer "privilegierten Partnerschaft" von CDU und CSU werde in der Türkei nicht als Alternative, sondern als Diskriminierung verstanden. An die Adresse von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gerichtet, schrieb ihr Vorgänger: "Es ist auch nicht sonderlich überzeugend, wenn die Bundeskanzlerin bei ihrem letzten Besuch in der Türkei erklärt, man solle ein weiteres Kapitel der Beitrittsverhandlungen eröffnen, zugleich aber betont, dass sie gegen den Beitritt sei."

Die Türkei hat seit 1999 einen EU-Kandidatenstatus, die Verhandlungen mit der Europäischen Union laufen seit 2005. Sie waren mehrfach ins Stocken geraten. Bislang sind in den Verhandlungen mit Ankara 13 von insgesamt 35 sogenannten Kapiteln, also Themengebieten, eröffnet worden. Erst eines - Wissenschaft und Forschung - konnte bislang abgeschlossen werden. (dapd)