Berlin.. CSU-Chef Horst Seehofer bekommt Rückenwind aus Brüssel: Ausländische Pkw-Fahrer dürfen auf deutschen Autobahnen zur Kasse gebeten werden - unter bestimmten Umständen. Doch der Widerstand der SPD ist groß. Und die Pkw-Maut würde nur wenig Geld in den deutschen Staatshaushalt spülen. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Punktsieg für Horst Seehofer. Ein Brief aus Brüssel stützt seinen Plan, ausländische Pkw-Fahrer in Deutschland mit Maut abzukassieren. EU-Verkehrskommissar Siim Kallas hat dem Europaparlamentarier Michael Cramer (Grüne) geschrieben, es sei rechtens, wenn Deutschland Autobahngebühr von Ausländern einfordert und deutschen Staatsbürgern dafür die Kfz-Steuer erlässt. Ist damit die Maut-Einführung perfekt?
Wie argumentiert der EU-Verkehrskommissar?
Er sagt, erstens, dass die europäische Richtlinie Nr. 62 von 1999 es Mitgliedstaaten grundsätzlich erlaubt, von allen Autofahrern Straßengebühren zu verlangen, um dann die eigenen Staatsbürgern bei der Kraftfahrzeugsteuer zu entlasten. Zweitens deutet er an, dass die Einnahmen am besten direkt dem Verkehrswegebau zufließen sollten.
Drittens: Die Höhe der Maut müsse „in einem angemessenen Verhältnis zu Nutzung“ stehen. Übersetzt: Wer oft deutsche Autobahnen benutzt, sollte mehr bezahlen als der, der sie weniger nutzt.
Was bedeutet das für die Koalitionsverhandlungen?
Dass die Pkw-Maut für Ausländer, ohne die CSU-Chef Seehofer keinen Koalitionsvertrag unterschreiben will, jetzt in den Bereich der Möglichkeiten rückt. Die Gegner der Pkw-Maut – also SPD, die Grünen und auch die CDU unter Kanzlerin Merkel – können nicht mehr argumentieren, die Gebühr verstoße gegen europäisches Recht.
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Sie hatten immer wieder auf die Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofes zur „Ungleichbehandlung“ verwiesen. Dennoch ist der Widerstand vor allem bei der SPD groß. Sie glaubt, dass die Maut für Ausländer nur der Einstieg in eine Maut für alle ist.
Warum wird überhaupt über eine Maut diskutiert?
Viele bayerische Autofahrer ärgern sich, bei der Fahrt nach Österreich jetzt sogar noch mehr als früher zahlen zu müssen - und gleichzeitig zuzusehen, wie Österreicher in Deutschland gratis unterwegs sind. Das ist für Seehofer ein Motiv für seinen Wahlkampf-Schlager gewesen. Allerdings wird in den Koalitionsgesprächen in Berlin derzeit in der Arbeitsgruppe Verkehr auch intensiv über eine stärkere Straßenfinanzierung geredet. Die Lücke ist riesig. Jährlich fehlen 7,5 Milliarden Euro, um das Netz in Stand zu halten. Die Maut ist also eine Option, die Lücke zu füllen.
Wie hoch wäre eine Pkw-Maut für Ausländer?
Das ist konkret bisher nicht berechnet. Wenn sie kommt, dann am ehesten in der Form der Vignette. Wer über eine deutsche Grenze ins Land will, muss die Vignette vorher an Tankstellen oder am Grenzübergang kaufen. Es ist das Modell, das auch Österreich und die Schweiz anwenden. Allerdings hebt sich die Gebühr in Österreich für Inländer auch deutlich von der für Ausländer ab.
Österreicher müssen an ihren Staat 76 Euro im Jahr zahlen, ausländische Autofahrer können ein 10-Tages-Pickerl bekommen für knapp acht Euro. Auch die Schweiz plant ähnlich: Für Inländer will sie die Maut von heute 40 auf 100 Franken erhöhen (was derzeit dort großes „Gstürm“ auslöst) , Ausländer könnten, so der Plan in Bern, mit einer Zwei-Monats-Vignette für 40 Franken davonkommen.
Lohnt sich für den deutschen Staatshaushalt die Erhebung einer Maut für Ausländer?
Eher nicht. Der ADAC und die Umweltorganisation BUND haben errechnet, dass der Anteil ausländischer Autofahrer auf deutschen Straßen zu gering ist, um damit verdienen zu können: Rund fünf Prozent. Dann könnte eine Vignette nach dem Vorbild Österreich bis zu 300 Millionen Euro bringen. Zum Vergleich: Durch die Lkw-Maut kassiert der Staat mehr als vier Milliarden Euro jährlich. Mit den 300 Millionen wäre vielleicht gerade der Aufwand abgegolten, der für Herstellung, Verkauf und Kontrolle der Vignette nötig ist.
Welche Nachteile hätte eine Pkw-Maut für die Deutschen?
Sie ist, beispielsweise aus umweltpolitischer Sicht, ungerecht. Ein spritschluckender SUV würde die gleiche Straßengebühr zahlen wie ein Kleinwagen mit wenig Verbrauch. Auch fällt die Übertragung ins deutsche Recht schwer, weil die Kfz-Steuer entsprechend gesenkt werden müsste. Die aber ist in Deutschland heute nach Fahrzeugklassen, Baujahr, Schadstoffausstoß ausgerichtet und hat viele Ausnahmen, so für Oldtimer. Es wird kompliziert.
Ergibt eine Senkung der Kfz-Steuer Vorteile für den Staat?
Die Kfz-Steuer bringt dem Bund jedes Jahr acht Milliarden Euro ein. Das Problem: Durch Tricks (häufiges Umziehen) drücken sich viele Autofahrer, darunter berüchtigterweise zahlreiche Studierende, vor der Zahlung, ohne dass der Staat die Steuersünder richtig verfolgen kann. So muss er jedes Jahr immerhin acht Millionen Mahnverfahren herausschicken. Die Kontrolle dieser Steuer wird noch problematischer, wenn ab Sommer 2014 nicht mehr die Finanzbehörden der Länder, sondern der Zoll für die Eintreibung zuständig sein wird. Er kann dafür nur deutlich weniger Personal einsetzen.