Düsseldorf. Nach dem Impfgipfel: Ohne zusätzliche Dosen wird ab 7. Juni neues Chaos befürchtet. Der Frust wegen falscher Versprechen wächst.
Nach der von Bund und Ländern beabsichtigten Öffnung der Corona-Schutzimpfung schon für Kinder ab 12 Jahren wächst in Nordrhein-Westfalen die Furcht vor weiteren Engpässen in den Arztpraxen. „Das Hauen und Stechen ist vorprogrammiert“, erklärte SPD-Gesundheitsexperte Josef Neumann am Freitag. Es sei fahrlässig von der Landesregierung, ohne Strategie ab 7. Juni gleichzeitig die Impfpriorisierung aufzuheben und den Kreis der Impfberechtigten um die Schüler zu erweitern, obwohl nicht mehr Impfstoff zur Verfügung stehe. „Bisher ist uns keine Impfstrategie des Landes für Kinder und Jugendliche bekannt“, kritisierte Neumann.
NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hatte zuvor deutlich gemacht, dass sich Eltern wie alle anderen ab 7. Juni um einen Impftermin für ihre Kinder bemühen müssten. „Das war mir immer klar, dass es keinen zusätzlichen Impfstoff gibt“, sagte Laumann in der ZDF-Sendung „Markus Lanz“. Es werde in der Impfkampagne durch fahrlässig geweckte Erwartungen „immer die Stimmung ein bisschen verdorben“, sagte er mit Blick auf anderslautende Ankündigungen.
Laschet hatte von zusätzlichen Impfdosen für Kinder gesprochen
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte Hoffnungen geschürt, für Kinder ab 12 Jahren würden zusätzliche Impfdosen bereitgestellt. Auch Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hatte noch am 19. Mai im Landtag erklärt, es sei „bereits jetzt vereinbart, dass der Impfstoff, den wir für die 12-bis 16-Jährigen brauchen, zusätzlich zur Verfügung gestellt wird“. Noch vor den Sommerferien sollten möglichst viele Kinder geimpft werden, so Laschet. Auch Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) hatte ab Mai „unfassbar viel Impfstoff“ angekündigt, der aktuell aber gar nicht vorhanden ist. Der Städtetag beklagte vielmehr, dass die Liefermengen gerade einmal ausreichten, um geplante Zweitimpfungen vorzunehmen. Ärztepräsident Klaus Reinhardt sprach schon jetzt von einer „Frustwelle“ in vielen Praxen, weil Impfwünsche nicht erfüllt werden könnten.
Schul-Impfungen würden Druck auf Eltern erhöhen
Die Landesregierung will dennoch keine Sonderimpfaktion für Kinder starten außerhalb der bisherigen Strukturen. „Für mich ist seit heute klar, dass wir gut beraten sind, das Impfen der Kinder ganz einfach, ganz ruhig in das normale System einzuschleusen“, sagte Laumann bei „Lanz“. Er plädiere für eine etwaige Impfung „sehr stark“ durch Kinderärzte, um dem Beratungsbedarf der Eltern gerecht zu werden. Da es voraussichtlich von der Ständigen Impfkommission (Stiko) keine generelle Impfempfehlung für Kinder geben wird, will Laumann auch keinen unausgesprochenen Druck auf Familien ausüben. Impfangebote in den Schulgebäuden sehe er kritisch, sagte er im WDR-Hörfunk: „Damit würde man doch sehr stark als Staat symbolisieren: Wir wollen, dass Ihr Euch impft.“