Düsseldorf.. Demente Patienten, offene Wunden, unter Zeitdruck Berichte schreiben und wieder kein Parkplatz vor der Tür - der Alltag von Pflegern im ambulanten Dienst ist Stress pur. Arbeit im Minuten-Takt. Die Wohlfahrsverbände schlagen Alarm.

Ambulante Pflegedienste haben immer weniger Zeit für ihre Patienten. Pflegekräfte müssen auf einer vierstündigen Tour teilweise 16 und mehr Kranke versorgen – oft stehen nur noch zehn Minuten pro Patient zur Verfügung. Die Freie Wohlfahrtspflege in Nordrhein-Westfalen schlägt Alarm: Unter dem Motto „Hilfe! Mehr Zeit für Pflege“ kämpfen Verbände wie Caritas, Diakonie und Awo mit landesweit 40 Aktionen für höhere Vergütungen durch die Krankenkassen.

Arbeitsverdichtung bei Pflegekräften, engere Tourenplanungen, umfangreiche Dokumentationspflichten: Für den Vorsitzenden der Freien Wohlfahrtspflege NRW, Hermann Zaum, ist der Alltag der Pflegekräfte Stress pur. „Die Ausschöpfung von Reserven hat längst Grenzen erreicht. Diese Entwicklung geht zu Lasten von Patienten und Pflegern.“ Dass ein Pflegedienst für eine 12-minütige Pflegeleistung oft nur 9,12 Euro Erstattung von der Kasse bekommt, hält Zaum für unvertretbar. Während die Kosten der Pflegedienste in den letzten zehn Jahren um 20 Prozent gestiegen seien, hätten sich die Vergütungen nur um sieben Prozent erhöht. Zaum warf den Kassen eine „Blockadehaltung“ bei Tarifrunden vor.

Sparkonzept Warnung vor Qualitätsverlust

Von den 548.000 Pflegefällen in Nordrhein-Westfalen werden 120.000 von ambulanten Diensten daheim versorgt. 60.000 Patienten werden von gewerblichen Pflegediensten betreut und die anderen 60.000 von der Freien Wohlfahrtspflege.

Der Pflegeleiter der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe, Ulrich Christofczik, warnte vor einem weiteren Qualitätsverlust in der ambulanten Pflege. Schon heute sorge die hohe Belastung für einen Fachkräftemangel in der Pflege. In den nächsten zehn Jahren würden allein in NRW bis zu 60.000 Pfleger benötigt. Nach Angaben von Christofczik verdient eine Fachkraft 2500 bis 2800 Euro brutto im Monat, eine Helferin erhält für eine 39-Stunden-Woche bei der Diakonie 1750 Euro im Monat.

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„Viele Patienten haben das Gefühl, dass die Pflegekraft kaum drin und schon wieder raus ist oder dass sie nur schreibt“, sagte die langjährige Pflegedienstleiterin Regina Pascoletti. Die Folgen der Pflege im Minutentakt seien ein hoher Krankenstand bei den Beschäftigten, überquellende Überstundenkonten und Patienten, die häufig von Vertretungen gepflegt werden müssten.