Düsseldorf/Duisburg.. Untersuchungs-Ausschuss beleuchtet die Korruptionsvorwürfe gegen den Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB). SPD und Union werfen sich gegenseitig eine Mitschuld vor. Experten rechnen mit einer Mauer des Schweigens. Auch Peer Steinbrück und Jürgen Rüttgers sollen aussagen.

Im Düsseldorfer Landtag werden die Kampfinstrumente geschärft. Noch ehe sich der zum Jahresende eingesetzte Untersuchungsausschuss (PUA) daran macht, millionenschwere Bauskandale unter landeseigener Regie zu durchleuchten, geraten die Widersacher aneinander. „Die Einsparversprechungen von Peer Steinbrück haben sich in Millionen-Gräber verwandelt“, nimmt die CDU den SPD-Kanzlerkandidaten ins Visier. Eine Kostprobe - die Bundestagswahl naht.

Es ist der zweite Versuch, mehr Licht in die Korruptionsaffäre um den Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) zu bringen, die sich besonders spektakulär am Neubau des Landesarchivs festmacht. Bei dem Projekt im Duisburger Innenhafen explodierten die Kosten nach einem Rechnungshofbericht um 368 Prozent – von 51,5 auf 190,4 Millionen Euro. Der erste parlamentarische Anlauf zur Aufklärung der BLB-Affäre wurde durch die vorgezogenen Neuwahlen im Mai durchkreuzt.

Ermittlungen gegen 27 Beschuldigte

Dass die neuerliche Auflage auf Initiative der Piraten viel Erhellendes zu Tage fördern wird, bezweifeln Akteure, die mit der komplizierten Materie halbwegs vertraut sind. Bereits seit Juli 2010 spürt die Staatsanwaltschaft Wuppertal der beachtlichen kriminellen Energie nach, die sie in der BLB-Affäre vermutet. Gegen nicht weniger als 27 Beschuldigte wird wegen des Verdachts der Bestechung, Vorteilsgewährung, Vorteilsannahme, Untreue sowie Steuerdelikten ermittelt. Im Zentrum steht der entlassene BLB-Geschäftsführer Ferdinand Tiggemann (SPD).

BLB-Baustelle

Eingeweihte beschleicht deshalb die Sorge, im Landtag könnte das große Schweigen ausbrechen. Sie fühlen sich schon jetzt an die Flugaffäre rund um die WestLB und führende SPD-Politiker vor 15 Jahren erinnert. Damals erschienen maßgebliche Ausschuss-Zeugen nur in Begleitung ihres Anwalts, um wenig bis nichts auszusagen, darunter der mächtige Bankchef Friedel Neuber. „Die Aufklärungsarbeit wird sehr mühsam“, schwant es Markus Töns (SPD). Viele Akten liegen bei der Staatsanwaltschaft, andere sind geschwärzt.

Von Nutzen könnte immerhin sein, dass der Ausschuss vor allem die politische Verantwortung für sechs der BLB-Bauvorhaben aufarbeiten will. Das dürfte diesen oder jenen Zeugen gesprächiger machen. Neben dem Landesarchiv werden „Missstände“ rund um das Polizeipräsidium Köln-Kalk, die Fachhochschule Köln, das abrissreife Schloss Kellenberg, das Landesbehördenhaus Bonn und das Vodafone-Hochhaus in Düsseldorf unter die Lupe genommen. Den Gesamtschaden des Landes durch Spekulationsgewinne siedeln Insider „im dreistelligen Millionenbereich“ an.

Da die Projekte in die fünfjährige schwarz-gelbe Regierungszeit ab 2005 fallen, will Rot-Grün auch Ex-Regierungschef Jürgen Rüttgers und seinen Finanzminister Helmut Linssen (beide CDU) vor den Ausschuss zitieren. Die Grünen wollen aber auch erfahren, inwieweit Landtagsabgeordnete mit BLB-Aufträgen bedacht worden sind. „Wir wollen wissen, welche externen Anwaltskanzleien und Notariate mit der Beurkundung der jeweiligen Geschäfte beauftragt wurden“, kündigt ihr Sprecher Stefan Engstfeld an. Die Opposition verlegt sich lieber auf die Gründungs-Strukturen des „sozialdemokratisch durchsetzten BLB“, so Klaus Voussem (CDU). Sie hat deshalb die früheren SPD-Regierungschefs Wolfgang Clement und Peer Steinbrück auf der Zeugenliste.

Teures Vodafone-Hochhaus in Düsseldorf steht leer

Welche Zustände beim Landesbetrieb herrschten, hat Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) durch Wirtschaftsprüfer untersuchen lassen. Zwei Sonderberichte kommen zu dem Ergebnis, dass es gravierende Kontrolldefizite und massive Verstöße gegen das Haushaltsrecht gab. Danach wurden etwa Kaufentscheidungen für Immobilien ohne Wirtschaftlichkeitsberechnung getroffen oder es fehlten Risikobewertungen. Einige Projekte seien dem Verwaltungsrat nicht zur Prüfung vorgelegt worden, in mehreren Fällen wurden Risiken beim Kauf einseitig auf den BLB abgewälzt.

Das Vodafone-Hochhaus am Düsseldorfer Rheinufer liegt einsam und verlassen da. Zum Jahreswechsel sind die 1500 Mitarbeiter in eine neue Firmenzentrale umgezogen. Der BLB hatte den früheren Mannesmann-Komplex im Jahre 2008 zur künftigen Landes-Nutzung erworben – angeblich für 150 Millionen Euro. Jetzt ergebe sich dort „eine Leerstandsbewirtschaftung“, hieß es beim BLB auf Anfrage der WAZ. Mit anderen Worten: kein Nachmieter in Sicht.