Essen. Schwere Komplikationen wie Schlaganfälle und Hirnblutungen - Studie des Uniklinikums Essen zeigt Gefahr durch Neuro-Covid

Bei etwa 60 Prozent der Corona-Patienten schädigen die Infektionen nicht nur die Lungen, sondern betreffen auch das Nervensystem. Schon häufiger wurde berichtet, dass Infektionen mit Sars-Cov-2 Auswirkungen auf viele andere Organe des Körpers haben. Mediziner der Universität Duisburg-Essen haben sich nun über 100 Patienten zwischen 20 und 95 Jahren genauer angesehen und festgestellt, dass in fast 60 Prozent der Fälle auch neurologische Symptome auftraten, die sogenannte Neuro-Covid.

Fast ein Viertel der Patienten erlitten demnach sogar schwere neurologische Komplikationen. Dazu gehörten mit rund 12,5 Prozent Schlaganfälle oder Hirnblutungen sowie epileptische Krampfanfälle oder Hirnhautentzündungen. Leichte Symptome wie eine allgemeine körperliche Schwäche oder Geschmacks- und Geruchsbeeinträchtigungen zeigten sich bei weiteren Betroffenen. Die Studie wurde jetzt in einem Online-Fachjournal veröffentlicht.

Dreimal höhere Sterblichkeitsrate

Mehr als 80 Prozent der Patienten, bei denen Neuro-Covid einen schweren Verlauf zeigt, hatten schon eine neurologische Vorerkrankung, ergab die Untersuchung. „Wir können nicht sagen, dass das Virus allein für die neurologischen Symptome verantwortlich ist“, erklärt Prof. Christoph Kleinschnitz, Direktor der Klinik für Neurologie am Uniklinikum Essen. Doch je heftiger sich Covid-19 auf die Atemwege auswirke, desto schwerer verläuft auch Neuro-Covid, so Kleinschnitz.

Erkennbar sei zudem ein Zusammenhang zwischen der Schwere der neurologischen Probleme und der Sterblichkeitsrate. „Von den Patientinnen und Patienten ohne Neuro-Covid sterben etwa 15 Prozent“, sagt Christian Stettner, Oberarzt der Klinik für Neurologie. „Ist das Nervensystem stark in Mittleidenschaft gezogen, liegt die Sterblichkeitsrate fast dreimal so hoch.“

Blut-Hirn-Schranke nicht mehr intakt

Bei rund der Hälfte der schwer Erkrankten war die schützende Barriere zwischen Blutkreislauf und Gehirn, so sogenannte Blut-Hirn-Schranke, nicht mir intakt. Die Werte bestimmter Entzündungsstoffe in der Hirngewebsflüssigkeit waren in der Folge erhöht.

Zudem fanden die Wissenschaftler in rund 35 Prozent der Fälle diverse Antikörper gegen das körpereigene Nervensystem. Das bedeutet, dass sich die Abwehrmechanismen des Immunsystems gegen das eigene Gewebe richten. All diese Faktoren scheinen eine Rolle bei der Entstehung der Neuro-Covid zu spielen, so die Mediziner. Weitere Forschungen sollen dabei helfen, die Zusammenhänge besser zu verstehen und geeignete Therapien zu entwickeln.