Düsseldorf. CDU und FDP wollen aus der Corona-Krise lernen: Städte sollen erproben, ob Rathaus-Politik dauerhaft mit weniger Präsenz auskommt.
Die Regierungskoalition aus CDU und FDP will auch nach der Corona-Pandemie mehr digitale Sitzungen ohne persönliche Anwesenheitspflicht in der Kommunalpolitik ermöglichen. Ein Antrag der beiden Landtagsfraktionen sieht zunächst den Start eines Modellprojektes in jeweils drei Städten, Gemeinden und Kreisen in NRW vor. Dabei soll rechtlich und technisch ausgelotet werden, wie sich Abstimmungen, Öffentlichkeitsbeteiligung und auch vertrauliche Beratungen gemäß der Kommunalverfassung auch rein digital oder in sogenannten Hybridmodellen organisieren ließen.
„Wenn wir mehr junge Eltern, Studenten, Gründer und Angestellte in die Kommunalpolitik holen wollen, muss das Mandat attraktiver und mit dem Leben leichter vereinbar werden. Die Digitalisierung ist hier unsere Chance“, sagte Guido Déus, kommunalpolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, unserer Redaktion.
Landesweit gibt es rund 17.500 Kommunalpolitiker
Landesweit üben aktuell rund 17.500 Bürger kommunalpolitische Funktionen aus. Viele Parteien sehen es längst als Problem an, dass vorwiegend Rentner und Beschäftigte des öffentlichen Dienstes für das zeitaufwendige Ehrenamt zur Verfügung stehen. In vielen Ratsfraktionen herrscht zudem über Jahrzehnte personelle Kontinuität. Es mangelt vor allem an jüngeren Frauen, Facharbeitern oder Handwerksmeistern, die sich in der Stadtpolitik einbringen.
In der Corona-Krise hatte der Landtag die Präsenzpflichten in den kommunalen Organen bereits vorübergehend gelockert. Da auch eine Enquetekommission mehr virtuelle Beteiligungsmöglichkeiten forderte, um die Vereinbarkeit von Familie, Ehrenamt und Beruf zu erleichtern, soll nun dauerhaft neue Gremienarbeit erprobt werden.
Die Corona-Krise hat gezeigt, dass es digital geht
Henning Höne, Parlamentarischer Geschäftsführer und kommunalpolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, spricht von einem „Modellprojekt mit offenem Ausgang“. Die Pandemie habe im Praxistest bewiesen, „dass digitale Format die Arbeit erleichtern“.
Ganz einfach wird es freilich nicht, Ratspolitik von der heimischen Wohnzimmercouch oder aus dem Büro zu betreiben. Möglicherweise müssten dafür die Kommunalverfassungsgesetze in NRW geändert werden. Ein heikler Punkt ist etwa der Öffentlichkeitsgrundsatz, der besagt, dass jedem die politische Teilhabe im Stadtrat möglich sein muss, selbst wenn er kein Handy oder keinen Computer besitzt. Zu beachten sind auch Geheimhaltungsvorgaben bei nicht-öffentlichen Tagesordnungspunkten oder datenschutzrechtliche Aspekte. Ehrenamtliche Kommunalpolitiker müssen sicher sein, dass sie mit Ton- oder Video-Sequenzen aus Ausschusssitzungen nicht an den Social Media-Pranger gestellt werden.