Düsseldorf. SPD und Grüne fordern mehr Corona-Tests, vor allem in Kitas, Schulen, Pflegeheimen und Krankenhäusern. Die CDU beruft sich auf Quarks und Co.

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann hielt es vor lauter Ärger offenbar kaum auf seinem Platz, als SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty bei der aktuell laufenden Landtagsdebatte zum Angriff auf die Corona-Strategie der Landesregierung ausholte: Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) verwalte die Krise viel eher als sie zu bewältigen, so der Vorwurf.

Kutschaty forderte, die Testkapazitäten deutlich auszubauen: „Testen, testen, testen; das sollte die Strategie sein“, sagte Kutschaty. Stattdessen seien die Testkapazitäten deutlich zurück gefahren worden, was er sehr kritisch sehe.

Will deutlich mehr testen: SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty.
Will deutlich mehr testen: SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty. © dpa | Federico Gambarini

Der Essener Politiker schlug vor, Einrichtungen wie Kitas, Schulen, Pflegeheime und Krankenhäuser mit mobilen Testzentren anzufahren. Darüber hinaus sollten flächendeckend „Drive-in-Schalter“ genutzt werden, wo Testwillige mit dem Auto vorfahren könnten, sagte der Oppositionsführer. Die jetzige Teststrategie sei gescheitert, das Prozedere beim Hausarzt dauere viel zu lange.

„Reihentests an Schulen und Pflegeheimen sind doch kein Hexenwerk“

Auch interessant


Vor allem für das Pflegepersonal forderte Kutschaty das Ausweiten von Tests: „Wie irre ist es denn, dass sich eine Krankenschwester ohne Symptome nicht testen lassen kann, ohne Symptome testen lassen kann? Auch der Grünen-Politiker Mehrdad Mostofizadeh kritisierte Laumann: Gerade in Pflegeheimen müsste dem Personal kostenlose Testes angeboten werden: „Reihentests an Schulen und Pflegeheimen sind doch kein Hexenwerk!“, so Mostofizadeh.

Die CDU-Fraktion verteidigte ihre Strategie: So sei es wissenschaftlich sinnvoller, vor allem Menschen mit Symptomen zu testen, sagte Bodo Löttgen, Chef der CDU-Landtagsfraktion: „Massentests quer durch die Bevölkerung führen zu vielen falsch-positiven Ergebnissen.“ Selbst populärwissenschaftliche Magazine wie Quarks und Co. hätten belegt, dass Tests nur bei Symptomen wirklich aussagekräftig sind. Kutschaty warf er puren Populismus vor.

Laumann verteidigt Strategie und erinnert an Test-Debakel in Bayern

Auch interessant

Auch Gesundheitsminister Laumann verteidigte die Teststrategie des Landes NRW: „Wenn Sie wahllos testen, finden Sie kaum Infizierte“, sagte Laumann. In seiner Vorgehensweise bestätige ihn auch das aktuelle Infektionsgeschehen. NRW sei „nicht in einem sorglosen Zustand, aber in einem beherrschbaren Zustand“, so Laumann. So liege der R-Wert wieder unter 1, von 18 Millionen Einwohnern im bevölkerungsreichsten Bundesland seien aktuell 4030 Bürger infiziert.

Im Vergleich zu vielen anderen Bundesländern stehe NRW gut da, unterstrich der CDU-Politiker. Die wichtige Kennziffer der Neuinfektionen im Sieben-Tageszeitraum, gerechnet auf 100 000 Einwohner, liege in NRW aktuell bei 11,2 - in Hessen bei 17, in Bayern bei 14 und in Baden-Württemberg bei 13. Derzeit stecke in NRW ein Infizierter weniger als einen weiteren Menschen an. „So ganz schlecht können wir das bei uns nicht machen“, sagte Laumann.

Aktuell werden pro Woche in NRW 280.000 Menschen getestet

„Wir testen in Nordrhein-Westfalen in einer Woche weit über 280.000 Menschen“, stellte Laumann fest. Vor den Sommerferien seien es maximal 80.000 Tests pro Woche gewesen. Zudem hätten sich seit Beginn des Schuljahres rund 50.000 Erzieherinnen und Lehrer testen lassen. In nur 0,3 Prozent dieser Fälle sei das Testergebnis positiv gewesen.

Laumann führte als Argument gegen Massentests auch die Kosten an: Ein Corona-Test koste 70 Euro, darüber hinaus müsse die Infrastruktur zur Auswertung der Tests stimmen, mahnte Laumann. Dann erlaubte er sich einen Seitenhieb auf Söders Testdebakel: „In Bayern hat es mal einen gegeben, der 200.000 Leute am Tag testen wollte. Sie wissen ja, wo der gelandet ist.“ (mit dpa)