Essen/Meinerzhagen.. Mit einem Gesetzentwurf will das Bundesverkehrsministerium die Dynamopflicht bei Fahrrädern abschaffen. Fahrrad-Verbände und Fahrrad-Wirtschaft fühlen sich von diesen Plänen überrollt und sehen darin eine Gefahr für die Sicherheit von Radlern im Verkehr.
Die Idee klingt konsequent: Welcher Radfahrer fährt im Dunkeln schon beleuchtet? Wieso also nicht die Dynamopflicht für Fahrräder abschaffen? So ähnlich stellt man sich das womöglich im Bundesverkehrsministerium vor, von wo an diesem Donnerstag Pläne bekannt wurden, Radler künftig nicht mehr zu verpflichten, ihr Fahrrad mit einer per Dynamo betriebenen Lichtanlage auszurüsten. Batterie-gespeiste Beleuchtung solle künftig ausreichen, sofern sie denn "gleichwertig" sei. Doch außerhalb des Bundesverkehrsministeriums stößt der Plan auf breiten Widerstand.
"Das ist eine Gefahr für die Sicherheit von Radfahrern im Verkehr", kritisiert Thomas Rommelspacker, Sprecher des Allgemeinen Deutschen Fahrrad Club ADFC in NRW. Mehrfach habe der Vorstand bereits über die Pläne im Ministerium debattiert, das Ergebnis sei stets eindeutig gewesen: "Es wäre bedauerlich, wenn die Dynamopflicht abgeschafft würde". Dynamos seien die verlässlichste Energiequelle für Fahrrad-Licht. Auch an der Bundesspitze des ADFC wird dafür plädiert, an der Dynamopflicht festzuhalten.
Studie belegt Qualität von Dynamo-Beleuchtung
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Beim Fahrrad-Beleuchtungshersteller Busch & Müller ("Bumm") in Meinerzhagen geht Geschäftsführer Rainer Müller unterdessen davon aus,"dass die Dynamopflicht bei Fahrrädern wohl abgeschafft wird". Müller fühlt sich regelrecht überfahren von den jetzt öffentlich bekannt gewordenen Plänen, vor allem davon, dass man im Hause von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) in diesem Jahr nun 'Nägel mit Köpfen' machen will - wider besseren Wissens, sagt Müller.
Er verweist auf eine Studie zur Fahrradbeleuchtung, die das Bundesverkehrsministerium vor zwei Jahren in Auftrag gegeben hatte. Deren Ergebnis sei noch immer nicht veröffentlicht worden, sagt Müller. Möglicherweise, weil die Studie die Abschaffung der Dynamopflicht torpediert. Laut Müller hätte die Untersuchung durch Dekra, Tüv Rheinland und das Karlsruher Institut für Technologie nachgewiesen, "dass es nichts Gleichwertiges zu einer Dynamo-Beleuchtung" gibt.
Gefahr für den Fahrrad-Standort Deutschland
Das sieht man auch beim Zweirad Industrie Verband (ZIV) so, in dem die 85 größten Zweiradproduzenten in Deutschland organisiert sind. "Batterien halten nicht so lange, auch Akkus sind keine gute Lösung, weil sie meist leer sind, wenn man sie braucht", sagt ZIV-Sprecher Stephan Schreyer. Ergebnis: die Lichtanlage ist nutzlos. Moderne Nabendynamos dagegen, mittlerweile Standard in der Fahrradproduktion, würde ohne bemerkbaren Widerstand beim Treten stets die nötige Energie liefern, "auch unbeeinflusst von der Witterung". Mittlerweile gibt es für Fahrräder sogar Tagfahrlicht - Batterien wären da überfordert.
Für die Fahrradwirtschaft befürchtet Busch & Müller-Chef Rainer Müller zudem weitere Nachteile, sollte die Dynamopflicht wegfallen: "Dann ist auch der Produktionsstandort Deutschland gefährdet". Aktuell würden 80 Prozent der Fahrräder, die in Deutschland auf den Markt kommen, mit Dynamo-Licht ausgerüstet. Würde die Pflicht in der Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) gestrichen, würde sich eine Flut von Zweirädern aus Billigländern auf den deutschen Markt ergießen, die alle ohne aufwändige Beleuchtungssysteme ausgerüstet sind - zum Nachteil der Konsumenten und hiesiger Produzenten, sagt Müller: "Deutschland hat bei Fahrrädern den weltweit höchsten Sicherheitsstandard".
Nabendynamo und LED-Licht sind der Technik-Standard
Nach derzeitiger Rechtslager sind Batterie- oder akkubetriebene Aufstecklichter an Fahrrädern derzeit kein Ersatz für eine fest installierte Beleuchtung mit Dynamo. Die StVZO nennt aber Ausnahmen: Bei Rädern bis elf Kilo Gewicht reicht ein Batterielicht.
Der ADFC empfielt eine Lichtanlage nach dem neuesten Stand der Technik. Dazu gehören ein Nabendynamo, LED-Rücklicht mit Standlicht und LED-Frontscheinwerfer, "im besten Fall mit Sensorautomatik, die bei widrigen Lichtverhältnissen automatisch das Licht einschaltet". Wer seine Lichtanlage komplett ersetzt, wird dafür aber gut und gerne 150 Euro in die Hand nehmen müssen. Es gibt allerdings auch High-Tech-Fahrrad-Scheinwerfer, die 400 Euro kosten.
Der Blick in die Unfallstatistik in NRW zeigt, dass die Qualität der Beleuchtung - soweit es die Statistik erfasst - offenbar nur selten Grund für Radunfälle ist. 2011 wurden in NRW insgesamt 10.408 Verkehrsunfälle mit Fahrrädern gezählt, bei denen sich Personen beim Radfahren verletzt haben. In 114 Fällen wurde im Nachhinein festgestellt, dass die Beleuchtung mangelhaft war. In 75 Fällen war das Licht ausgeschaltet und hatte so zum Unfall geführt.