Essen. Macht die Coronaschutzimpfung unfruchtbar? Verändert sie die Gene? Der Immunologe Carsten Watzl geht online und klärt Fragen Pflegender.
Die unterschiedliche Impfbereitschaft von Pflegekräfte in der Pandemie treibt Experten um. Carsten Watzl, Immunologe und Direktor des Leibniz-Instituts für Arbeitsforschung an der Uni Dortmund, will Fehlinformationen angehen, wo sie gestreut werden: in sozialen Netzwerken. „Watzl Weekly“ heißt das Format, mit dem er und der Pflege-Berufsverband DBfK Nordwest auf „YouTube“ wöchentlich kurz und knapp auf Gerüchte und Fragen eingehen wollen.
Herr Watzl, einen Immunologen dürften die wenigsten vor Corona namentlich gekannt haben. Hätten Sie vor einem Jahr gedacht, auf YouTube aufzutauchen?
Nein. Bis zu Corona war das öffentliche Interesse an meinem Fachgebiet ja auch eher gering. Jetzt bekomme ich immer wieder Anfragen, auch aus der Pflege. Daraus ist zunächst eine Online-Fragerunde entstanden. Ich habe schnell gemerkt, dass bei Pflegekräften Unsicherheiten herrschen und viele Fragen offen sind. Darum jetzt die Videos.
Die Impfbereitschaft unter Pflegenden ist sehr unterschiedlich, es gibt Altenheime mit nur 50 Prozent Impfwilligen. Überrascht Sie so etwas?
Absolut. Pflegende sehen jeden Tag, welche Folgen eine Corona-Infektion hat und sie haben ein gewisses Grundwissen. Ich habe eine höhere Bereitschaft erwartet.
Wieso ist es anders?
Mein Eindruck ist: Es kommt auf das Umfeld an. Ist jemand noch unentschlossen und arbeitet mit einem Skeptiker zusammen, wird er sich eher gegen eine Impfung entscheiden.
Wieso glauben Sie, dass Ihre Videos dabei den Unterschied machen könnten?
Zusammen mit dem Berufsverband der Pflegenden, dem DBfK, will ich aufklären. Ich bin kein Freund von einer Impfpflicht, aber jeder sollte sich auf Grundlage von Fakten bewusst für oder gegen die Impfung entscheiden. Wir liefern kleine Updates, geben Antworten. Anhand der Fragen, die uns erreichen, merke ich, dass viele verunsichert sind, aber auch wie hartnäckig sich bestimmte Falschinformationen halten.
Zum Beispiel?
Stimmt es, dass der Impfstoff meine Gene verändern kann? Stimmt es, dass es Probleme bei der Fruchtbarkeit gibt? Solche Fragen beruhen auf Gerüchten, die Impfgegner streuen. Die gilt es aus der Welt zu räumen. Das kann man am besten dort tun, wo Fehlinformationen gestreut werden: in sozialen Netzwerken.
Wie schwierig ist es, nicht ins „Fachchinesische“ abzudriften?
Das muss man lernen. Der Trick ist, verständlich zu sprechen und dabei nicht zu platt zu werden. Denn wenn man zu viel vereinfacht und zu viele Details weglässt, wird eine Aussage schnell falsch. Das merke ich im Umgang mit Medien manchmal, die ja oft ebenfalls verkürzen müssen.
Werden Sie nun ein YouTuber?
Ich glaube, im Moment sind wir Wissenschaftler in einer Ausnahmesituation, dass wir Informationen einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung stellen. Wenn sich die Lage beruhigt, muss man mal sehen, wie es weitergeht. Ich habe festgestellt, dass es Leute auch verunsichert, wenn Wissenschaft zu viel in der Öffentlichkeit diskutiert. Nicht jeder kann damit umgehen, dass zwei Experten der gleichen Fachrichtung zu unterschiedlichen Einschätzungen kommen.