Essen. Bei schlechten Studienbedingungen können Studenten ihre Gebühren erstattet bekommen. Im Sommersemester haben sich in NRW 134 Studenten beschwert, 25 waren erfolgreich. Studentenverbände sprechen von "Augenwischerei". An den Unis mit den meisten Beschwerden gingen alle Antragsteller leer aus.
Wenn die Studienbedingungen schlecht sind, haben Studenten eine „Geld-zurück-Garantie“. Das hat ihnen Innovationsminister Andreas Pinkwart (FDP) versprochen. Allerdings müssen die Studenten beweisen, dass die Bedingungen so schlecht sind, dass sie ihr Studium nicht ordnungsgemäß und zügig absolvieren können.
Studenten haben Rechte
Jeder Student hat das Recht, sich bei seiner Hochschule zu beschweren. Vor allem wenn er meint, dass die Studienbedingungen trotz Gebühren schlecht sind.In der Regel ist für diese Beschwerden die Prüfungskommission oder das Prüfungsgremium zuständig. Dort können Studenten aber auch anfragen, ob sie von den Studiengebühren befreit werden, wenn besondere Gründe vorliegen. Oft findet man die Kontaktdaten des Gremiums auf der Internetseite. Wenn nicht, einfach im Studentensekretariat oder im Fachbereich nachfragen.
Im Sommersemester 2008 haben sich 134 Studenten in Nordrhein-Westfalen über schlechte Studienbedingungen beschwert. Spitzenreiter dabei waren die Studenten an den Universitäten Duisburg-Essen und Dortmund. In Duisburg-Essen registrierte die zuständige Prüfungskommission 33 Beschwerden, in Dortmund haben 31 Studenten über ein Online-Formular eingegeben, dass es aus ihrer Sicht Verbesserungsbedarf an Studium und Lehre gibt. Beschwerdegründe waren besonders überfüllte Seminare, ein Mangel an Praktikumsplätzen, fehlende Prüfungstermine oder auch gebührenpflichtige Skripte.
Allerdings bekommt an beiden Hochschulen kein Student wegen schlechter Bedingungen die Studiengebühren erstattet. „Wir haben alle Missstände abstellen können“, sagt Ulrike Bohnsack, Redakteurin in der Pressestelle der Uni Duisburg-Essen. „Für den Fachbereich Bildungswissenschaften, in den auch die Lehrämter und der Sport fallen, ist sogar ein Arbeitskreis mit dem Dekan und mehreren Studenten eingerichtet worden, um vor allem das Problem von überfüllten Seminaren zu lösen.“ An der Uni Dortmund seien die eingegangenen Beschwerden an die zuständigen Fachbereiche weitergeleitet und dort direkt bearbeitet worden, ohne dass es zu einer Diskussion im Prüfungsgremium und in Folge dessen zu Gebührenerstattungen kommen musste, sagt Sprecher Ole Lünnemann.
Was ist die Prüfungskommission?
Das Prüfungsgremium oder die Prüfungskommission ist zu gleichen Teilen mit Hochschulmitarbeitern und Studenten sowie einem externen Vorsitzenden besetzt und soll die Qualität der Lehr- und Studienorganisation überprüfen. Jede Hochschule muss laut Studienbeitragsgesetz ein solches Gremium haben. Stellt das Gremium Mängel fest oder liegt ihm ein studentischer Beschwerdeantrag vor, soll es der Hochschule Empfehlungen geben.
Der Asta-Vorsitzende der Universität Duisburg-Essen, Alexander Münchow, hält die Geld-zurück-Garantie für eine Worthülse: „Es ist für den Studenten schwer zu beweisen, dass die Studienvoraussetzungen wirklich schlecht sind.“ Dabei gibt es aus seiner Sicht genügend Mängel, die das Studium erschweren oder trotz Gebühren unnötig in die Länge ziehen. Überfüllte Vorlesungen und Seminare oder ausgefallene Kurse und Prüfungstermine gehören dazu. Jedenfalls bei den Studenten, die noch den Magister oder das Diplom machen wollen. Bei den Bachelor-Studenten sei die Situation aufgrund der neuen Studienorganisation weniger dramatisch. „Besonders schwer wiegen ausgefallene Kurse oder Prüfungstermine aber dann, wenn sie Voraussetzung für das neue Semester sind“, sagt Münchow. Er fordert einen ausformulierten Katalog, in dem klar definiert ist, bei welchen Voraussetzungen ein Student seine Gebühren erstattet bekommt.
Konflikte nicht vor Gericht austragen
Diese Idee lehnt das Innovationsministerium NRW ab. „Wir können das nicht bis ins Letzte regeln, weil die Fälle in der Regel sehr individuell sind“, sagt ein Ministeriumssprecher. Ziel müsse es sein, dass das Studium so zügig wie möglich abgeschlossen werden könne. „Und wenn dann organisatorische Fehler bei der Hochschule liegen, hat der Student das Recht auf Erstattung“, so der Sprecher. Probleme und Beschwerden sollten über das Prüfungsgremium innerhalb der Hochschule geregelt werden, „im Dialog und nicht vor Gericht“. Gäbe es einen streng ausformulierten Kriterien-Katalog, könnten die Studenten viel schneller klagen.
Der Sprecher des Ministeriums fordert die Hochschulen allerdings auf, sich bei festgestellten Mängeln kooperativ zu zeigen und den Empfehlungen des Prüfungsgremiums, auch bei der Erstattung von Studienbeiträgen, zu folgen: „Außerdem ermuntern wir die Hochschulen, von den Studienbeiträgen auch neues Lehrpersonal einzustellen.“ Denn würden neue Lehrbeauftragte aus Studiengebühren finanziert, müsste die Hochschule keine zusätzlichen Studenten aufnehmen. Anders als bei Einstellungen, die das Land finanziert. „Damit erweitern sich die Kapazitäten“, sagt der Sprecher. Insbesondere dann, wenn immer wieder Seminare aus allen Nähten platzen.
Bündnis: Keine Dozentenstellen aus Studiengebühren
Das Aktionsbündnis gegen Studiengebühren nennt die Geld-zurück-Garantie „Augenwischerei“. „Die Lage an den Hochschulen hat sich auch durch die Studiengebühren nicht verbessert“, sagt Geschäftsführerin Jessica Castro Merino. „Es sind in vielen Fällen gerade mal ein paar neue Tische oder ein paar neue Beamer angeschafft worden.“ Dadurch, dass aber die Studenten in der Beweispflicht sind, gäbe es kaum Beitrags-Erstattungen. Aus Studienbeiträgen Professoren- oder Dozentenstellen zu finanzieren, lehnt Castro Merino ab. „Das sind ja keine langfristigen Stellen. Kippt eine Regierungsmehrheit wie in Hessen, können die Studiengebühren auch schon wieder weg sein. Wer soll sich denn darauf bewerben?“ Außerdem würden Studienbeiträge dann unrechtmäßig verwandt. Castro Merino: „ Die Studienbeiträge dürfen nur für die Lehre eingesetzt werden. Ein Professor forscht aber auch. Wer bezahlt das?“
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