Essen. Bringt ein Ende des NC auf Lehramtsstudiengänge mehr Pädagogen in die Schulen? Lehrerverbände und Hochschulen sagen: Das reicht nicht.

Mit Zurückhaltung und Verwunderung haben Hochschulen und Lehrerverbände auf den Vorstoß von NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) reagiert, die Zulassungsbeschränkungen für Lehramtsstudierende an den Unis zu streichen. Mit der Abschaffung des Numerus clausus (NC) allein sei es nicht getan, erklärt die Landesrektorenkonferenz (LRK) auf Nachfrage. Dazu seien zunächst hohe Investitionen in Studienplätze, Personal und Räume notwendig.

Der NC spiegele lediglich das Verhältnis zwischen der Zahl der vorhandenen Studienplätze und der Zahl der Studienplatzbewerber wider, so die LRK. „Je höher ein NC ist, desto größer ist die Nachfrage nach Studienplätzen bei einem gegebenen Angebot. Hieraus folgt, dass NCs nur sinken oder wegfallen können, wenn Ressourcen für die Schaffung zusätzlicher Studienplätze bereitgestellt werden.“ Ob dies geplant ist, sei den Hochschulen aktuell nicht bekannt.

Ausbildungsqualität würde sich verschlechtern

Mit einer Erhöhung der Studierendenzahl, ohne den Unis zugleich mehr Personal und Räume zur Verfügung zu stellen, „würde man schlicht die Betreuungsrelation und damit die Ausbildungsqualität signifikant verschlechtern“, mahnen die Hochschulrektoren.

Nach Angaben des Schulministeriums werden bis zum Jahr 2030 an Grund-, Haupt- und Realschulen sowie an der Sekundarstufe I an den Gesamtschulen rund 11.000, an den Berufskollegs etwa 4500 Lehrkräfte fehlen. Die Studiengänge dafür sind aber zulassungsbeschränkt. Wegen des Mangels an Pädagogen hatte Schulministerin Gebauer, obwohl nicht für Hochschulen zuständig, gesagt: „Mit der FDP trete ich bei der kommenden Landtagswahl dafür ein, dass die Zulassungsbeschränkungen möglichst für alle Lehramtsstudiengänge entfallen, damit wir für Schülerinnen und Schüler eine noch bessere Schüler-Lehrer-Relation schaffen können.“

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Angesichts des Lehrkräftemangels sei es dramatisch, geeignete, engagierte und motivierte Studierende durch einen NC abzuweisen, sagte Ayla Celik, Landesvorsitzende der Lehrergewerkschaft GEW, dieser Redaktion. Aber: „Es genügt nicht, nur den Numerus clausus abschaffen zu wollen“, so Celik. „Dieser richtige Schritt muss mit umfangreichen zusätzlichen Ressourcen einhergehen, um die Studienplatzkapazitäten auszubauen.“ Zudem dauere es mehrere Jahre, bis ein Effekt spürbar werde. Deshalb müssten jetzt Lehrkräfte von Verwaltungsaufgaben entlastet und die Besoldung der Grundschullehrerinnen und -lehrer endlich angepasst werden.

VBE: Mehr Studienplätze nötig

Ähnlich argumentiert Stefan Behlau, Landesvorsitzender des Verbands Bildung und Erziehung (VBE). „Nicht der NC ist das Problem, sondern das unzureichende Angebot an Studienplätzen.“ Würde der NC abgeschafft, müssten die Hochschulen sämtliche Bewerber aufnehmen – „das funktioniert nicht“. Umgekehrt werde ein Schuh daraus: Die Zahl der Studienplätze und der Standorte für Lehramtsstudiengänge müsse ausgeweitet werden, fordert der VBE.

Die Grünen im Landtag sehen in Gebauers Vorschlag keinen ernstzunehmenden Versuch, das Problem des Lehrkräftemangels anzugehen. „Das ist ein wohlfeiler Vorstoß der Ministerin“, sagte Sigrid Beer, bildungspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Landtag. Die Zuständigkeit dafür liege nicht in Gebauers Ressort, denn für den Plan wären Verhandlungen mit den Hochschulen notwendig, um die Kapazitätsausweitung für mehr Lehramtsstudierende zu finanzieren. Beer fordert hingegen eine Angleichung der Besoldung, um die Arbeit an den Grundschulen attraktiver zu machen. „Dieser Vorstoß der Ministerin tut das jedenfalls nicht.“

Land: Verbesserungen bei der NC-Quote

Das für Hochschulen zuständige Wissenschaftsministerium verweist darauf, dass die Hochschulen über die Einrichtung eines NC selbst entscheiden. „Dank des gezielten Ausbaus der Studienkapazitäten“ sei es gelungen, „eine kontinuierliche Verbesserung bei der NC-Quote zu erzielen“. Insgesamt würden im Rahmen der Ende 2019 gestarteten „Studienplatz-Offensive“ 1450 zusätzliche Studienplätze eingerichtet, insbesondere für die Lehrämter Grundschule und Sonderpädagogik.