Düsseldorf. Die Lehrergewerkschaft GEW kritisiert die geplante Abkehr von der Inzidenz in NRW. Grüne für tägliche PCR-Tests in allen Schulen.
Kurz vor dem Start ins Schuljahr befürchten die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sowie die Grünen im Landtag erhebliche Lücken beim Infektionsschutz. „Lüften und Frieren können nicht die Lösung sein“, sagte die GEW-Landesvorsitzende Ayla Çelik am Montag im Landtag.
Die Gewerkschafterin nannte die Pläne der Landesregierung, im Fall der Infektion eines Schülers nicht gleich die ganze Klasse, sondern nur die direkten Sitznachbarn in Quarantäne zu schicken, „realitätsfremd“. Schülerinnen und Schüler blieben nicht den ganzen Tag an einem festen Platz. Es sei auch „waghalsig“, den Präsenzunterricht losgelöst von den Inzidenzwerten anzubieten. Viele Schüler seien noch nicht geimpft, und eine Alternative zum Inzidenzwert liege noch nicht vor, so Çelik.
Wo bleiben die Raumluftfilter für die Schulen?
Zudem habe NRW die Sommerferien nicht dazu genutzt, um flächendeckend Raumluftfilter in die Schulen zu bringen. Bayern und Bremen seien viel weiter. Dort werde bei der Förderung von Luftfilteranlagen nicht zwischen verschiedenen Raumtypen unterschieden.
Die GEW forderte ein „Sofortprogramm Bildung in der Pandemie“ für NRW: Der Infektionsschutz müsse verbessert, Wissensrückstände der Kinder aufgeholt, Schulen mit mehr Personal und digitaler Technik ausgestattet werden.
Grüne: Täglich PCR-Lolli-Tests für alle Schüler in allen Klassen
Die Grünen im Landtag beurteilen die Lage ähnlich. „Die Landesregierung hat es versäumt, die Schulen zu sicheren Orten zu machen“, sagte Grünen-Schulexpertin Sigrid Beer. Zusammen mit Fraktionschefin Josefine Paul präsentierte Beer einen „Sieben-Punkte-Plan für Kinder und Jugendliche in der Pandemie“.
Dazu gehören aufsuchende Impfangebote in den Schulen, mehr Luftfilter für die Klassen, zusätzliches Personal sowie mehr Freiheiten für die Schulen im Kampf gegen Lernrückstände. Die Grünen sind auch für die Ausweitung von Corona-Tests in Schulen. Nicht nur zweimal in der Woche, sondern täglich sollten alle Kinder und Jugendlichen getestet werden, und zwar mit den sicheren PCR-Lolli-Tests, von denen bisher nur Grund- und Förderschüler profitierten.
Zustimmung aus NRW für Änderung der Stiko-Empfehlung
NRW-Politiker und -Bildungsexperten begrüßen die neue Einschätzung der Ständigen Impfkommission (Stiko) zur Impfung von Kindern und Jugendlichen. „Impfen ist der Weg aus der Pandemie. Wir brauchen jetzt aufsuchende und unkonventionelle Impf-Angebote in Schulen und Jugendzentren, sagte die Fraktionschefin der Grünen im Landtag, Josefine Paul.
Die Stiko sprach sich am Montag nach langem Zögern für Corona-Impfungen für alle Kinder und Jugendlichen ab zwölf Jahren aus. Nach sorgfältiger Bewertung neuer Daten komme man zu der Einschätzung, „dass nach gegenwärtigem Wissensstand die Vorteile der Impfung gegenüber dem Risiko von sehr seltenen Impfnebenwirkungen überwiegen“, hieß es.
Mittlerweile könnten Risiken der Impfung in der Altersgruppe zuverlässiger beurteilt werden, so die Stiko. Sie verwies auf fast zehn Millionen geimpfte Jugendliche im US-Impfprogramm. Stiko-Chef Thomas Mertens hatte die bisherige Zurückhaltung mit unzureichenden Daten zur Sicherheit der Impfung bei Heranwachsenden begründet. Laut Robert Koch-Institut (RKI) sind rund 25 Prozent der 12- bis 17-Jährigen mindestens einmal gegen Corona geimpft, rund 15 Prozent vollständig.
SPD-Landtagsfraktionsvize Lisa-Kristin Kapteinat forderte die Landesregierung auf, allen 12- bis 17-Jährigen schnell ein Impfangebot zu machen. Die NRW-Vorsitzende der Gewerkschaft GEW, Ayla Celik, sprach sich für mobile Impfteams für die Schulen aus. Möglich wären dort auch „Tage des Impfens“. NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) will am Dienstag erklären, wie das Land auf die neue Stiko-Empfehlung reagiert.