Peking. Chinas Regime hat vor dem 25. Jahrestag des Massakers auf dem “Platz des Himmlischen Friedens“ mit Festnahmen, Verhören und Anklagen seine eiserne Hand gegenüber Kritikern demonstriert. Die Aktionen sollen offenbar einschüchtern — es hagelt internationale Kritik.
Mit der Festnahme einer bekannten Journalistin und einer hohen Haftstrafe gegen einen Hongkonger Verleger geht China hart gegen kritische Stimmen vor. Einen Monat vor dem 25. Jahrestag der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung am 4. Juni 1989 auf dem "Platz des himmlischen Friedens" in Peking wurde die Autorin Gao Yu wegen "Geheimnisverrats" in Haft genommen.
Am Donnerstag erhielt auch der Hongkonger Verleger Yao Wentian, der ein kritisches Buch über Staats- und Parteichef Xi Jinping herausbringen wollte, zehn Jahre Haft wegen "Schmuggels". Das harte Vorgehen stieß auf heftige Kritik von Menschenrechtsgruppen.
Demonstrativ wurde die Journalistin Gao Yu, die auch für die Deutsche Welle geschrieben hat, im Staatsfernsehen mit einem Geständnis vorgeführt. Darin bedauerte die 70-Jährige, dass ihr Verhalten "den nationalen Interessen geschadet" und Gesetze verletzt habe. Es geht laut Staatsmedien um ein "hoch vertrauliches Dokument", das sie im Juni 2013 an eine ausländische Webseite gesendet haben soll.
"Akt der Einschüchterung" vor dem Jahrestag
Beobachter meinten, es könne sich um das "Dokument Nr.9" gehandelt haben. Es listet Bedrohungen für die Kommunistische Partei auf und fordert einen harten ideologischen Kurs. "Die Informationen in dem Dokument verdienen es in keiner Weise, zum Staatsgeheimnis erklärt zu werden", sagte Anu Kultalahti von Amnesty International. Er kritisierte die "erfundene Anklage" gegen Gao Yu und das "unter Zwang gemachte" Geständnis im Fernsehen.
"Mit der Weitergabe des Dokuments hat Gao Yu das wahre Gesicht von Xi Jinping enthüllt", sagte der Dissident Hu Jia der Nachrichtenagentur dpa. Sie habe China und der Welt damit "einen großen Dienst erwiesen". Die Journalistin, die bis 1999 wegen eines ähnlichen Vorwurfs sechs Jahre in Haft gesessen hatte, durfte in China schon lange nicht mehr publizieren. Sie schrieb aber für ausländische Medien wie den chinesischen Dienst des deutschen Auslandssenders Deutsche Welle.
Im Vorfeld des 25. Jahrestages des Massakers vom 4. Juni 1989 waren bereits mehrere Aktivisten in Haft genommen oder verhört worden. Sie hatten an einem Treffen zur Erinnerung an den Militäreinsatz und seine Opfer teilgenommen. Der bekannte Bürgerrechtsanwalt Pu Zhiqiang wurden anschließend wegen Unruhestiftung festgenommen. Freunde sprachen von einem "Akt der Einschüchterung" vor dem Jahrestag.
Warnung an Verleger in Hongkong
Scharfe Kritik erntete auch das hohe Urteil gegen den 73-jährigen Verleger Yao Wentian, der in Hongkong unter seinem kantonesischen Namen Yiu Mantin bekannt ist. Ein Gericht in der südchinesischen Stadt Shenzhen hatte das Urteil wegen Schmuggels von Waren verhängt, wie sein Anwalt Ding Xikui der dpa berichtete. Laut Medienberichten soll der Verleger über die Grenze von Hongkong ins benachbarte Shenzhen gelockt worden sein, wo er im Oktober festgenommen wurde.
Schon vorher sei ihm wegen seiner Mitarbeit an dem Buch des im US-Exil lebenden Bürgerrechtlers Yu Jie mit dem Titel "Chinas Pate Xi Jinping" gedroht worden, berichtete der US-Sender Radio Free Asia (RFA). "Wir sind schockiert", sagte sein Sohn Edmond Yiu. Die Vorwürfe seien irrwitzig. Er sah politische Verfolgung.
Angesichts vieler kritischer Publikationen in Hongkong, wo es keine Zensur wie in China gibt, wurde die hohe Strafe auch als Warnung an andere Verleger in der chinesischen Sonderverwaltungsregion gewertet. Aktivisten sahen daher einen Angriff auf die Pressefreiheit in der früheren britischen Kronkolonie, die seit 1997 zu China gehört, aber weiter in ihren eigenen Grenzen autonom regiert wird. (dpa)