Berlin.. Computerspiel-Forscher weisen einen positiven Einfluss des Spiels auf die Denkleistung von älteren Menschen nach


Bestimmte 3D-Computerspiele könnten Senioren nach Einschätzung von Forschern helfen, geistig fit zu bleiben. Das kanadische Team hatte ältere Menschen „Super Mario 64“ spielen lassen und eine Zunahme der sogenannten grauen Substanz in bestimmten Gehirnbereichen festgestellt. Eine Abnahme der grauen Substanz (Substantia grisea) hat Anteil an Alterskrankheiten wie Demenz. Unabhängige Experten sehen durchaus Potenzial für solche Ansätze, warnen aber vor voreiligen Schlüssen.

An der im Fachmagazin „PLOS ONE“ vorgestellten Studie hatten 33 Menschen zwischen 55 und 75 Jahren teilgenommen. Sie wurden in drei Gruppen eingeteilt. Die erste Gruppe spielte über sechs Monate hinweg „Super Mario 64“, bei dem eine Figur in einer 3D-Welt Sterne sammeln muss. Die Teilnehmer hatten zuvor noch nie 3D-Computerspiele gespielt und taten dies nun fünf Tage die Woche je eine halbe Stunde.

Eine zweite Gruppe sollte am Computer über das halbe Jahr hinweg regelmäßig Klavier üben. Auch diese Teilnehmer hatten keine entsprechende Erfahrung, lernten also eine für sie neue Sache. Die dritte Gruppe bekam keine Aufgaben.

Beim Spielen verbesserte sich das Kurzzeitgedächtnis

Die Forscher um Greg West von der Universität Montreal erfassten bei allen Teilnehmern zu Beginn die Masse an grauer Substanz in drei Bereichen des Gehirns. Die graue Substanz setzt sich in erster Linie aus Nervenzellkörpern zusammen, die weiße Sub­stanz hingegen aus Leitungsbahnen. Mehr graue Substanz in Hirnarealen wird mit höheren Intelligenzwerten in Verbindung gebracht.

Nur bei den Teilnehmern, die „Super Mario“ spielten, nahm die graue Substanz im Hippocampus zu, das Kurzzeitgedächtnis verbesserte sich. Der Hippocampus ist eine Gehirnregion, in der neue Eindrücke als Erinnerung gespeichert werden. Hier werden räumliche Informationen so zusammengefügt, dass sich eine Art innere Karte ergibt. Die Forscher gehen davon aus, dass die Spieler solche inneren Karten erstellten. Ein Abbau im Hippocampus gilt als mitverantwortlich für Demenzerkrankungen wie die Alzheimer-Krankheit. Bei der Vergleichsgruppe, die nichts Neues lernte, nahm die Menge der grauen Substanz in allen getesteten Gehirnarealen ab. „Die gute Nachricht ist, dass wir solche Effekte wieder rückgängig machen können und das Volumen wieder erhöhen können, wenn wir etwas Neues lernen“, erklärt Co-Autorin Sylvie Belleville.

Bei den „Super Mario“-Spielern verbesserten sich demnach zudem Strukturen in einer Hirnregion, die für Bewegungen und Gleichgewicht zuständig ist. Diesen Bereich hatten offenbar auch die Klavierspieler trainiert. Allein bei den Klavierspielern traten Verbesserungen in einem Bereich auf, der für Planungen und Entscheidungen wichtig ist. Hans Förstl von der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Technischen Universität München nimmt an, dass es durchaus sinnvoll sein könnte, Computerspiele einzusetzen, um präventiv gegen Krankheiten wie Demenz vorzugehen. Gerade Senioren, die sich in den immer gleichen Räumen bewegen, trainierten einen Teil des Hippocampus kaum.

Soziale Nachteile, wie sie bei Jugendlichen angemahnt werden, sieht Förstl bei einer moderaten Spieldauer im Alter als weniger relevant an. Zunächst müsse aber herausgefunden werden, wie lange die in der Studie beobachteten Effekte anhalten und ob sie tatsächlich Demenz verhindern können.

Die kanadischen Forscher erklären, dass es sinnvoll sein könnte, 3D-Computerspiele speziell für Senioren zu entwickeln. Da in der „Super Mario“-Gruppe einige Teilnehmer abbrachen, vermuten sie, das Spiel könnte für Ungeübte zu schwierig sein.