Bonn. Die Bundeszentrale für politische Bildung hat einen steigenden Zulauf in der salafistischen Szene festgestellt. Besonders Jugendliche und junge Erwachsene stehen im Fokus. Nach einer Radikalisierung bestehe die Gefahr, dass sie als “Gotteskrieger“ in Syrien kämpfen.

Die Bundeszentrale für politische Bildung hat einen rasanten Anstieg in der Salafisten-Szene festgestellt und warnt deshalb vor Wachsamkeit. Zwar seien die Salafisten mit einigen tausend Anhängern nur eine sehr kleine Minderheit in Deutschland, sagte Präsident Thomas Krüger bei einer bpb-Tagung am Montag in Bonn. Die Szene wachse aber rasant und spreche besonders Jugendliche und junge Erwachsene an. Wohin salafistische Radikalisierung führen könne, zeige die Ausreise von inzwischen einigen hundert jungen Leuten aus Europa, die als "Gotteskrieger" in Syrien kämpften. Mehr als 20 junge Anhänger aus Deutschland seien bereits im Dschihad in Syrien getötet worden.

Krüger zufolge machen deutschstämmige Konvertiten einen "nicht geringen Anteil der Szene" aus. Unter den Salafisten befürwortet laut bpb aber nur ein kleiner Teil Gewalt oder wendet sie an - und gehört damit zu den dschihadistischen Salafisten. Krüger sagte, es müsse genau differenziert werden. Sowohl "Verharmlosung als auch Alarmismus" seien fehl am Platze.

Gleichsetzung von Salafisten mit Dschihadisten oder Terroristen ist falsch

Auch Guido Steinberg von der Stiftung Wissenschaft und Politik stellte klar, dass längst nicht alle Salafisten radikal oder militant seien. Die häufige Gleichsetzung von Salafisten mit Dschihadisten oder Terroristen sei falsch. Es sei aber "große Wachsamkeit" geboten.

Das Phänomen Salafismus werde in Deutschland seit 2001 beobachtet. Während zunächst arabisch geprägte Prediger in Erscheinung traten, gab es später immer mehr Seminare in deutscher Sprache. Zahlreiche Prediger hätten sich in den vergangenen Jahren zu "professionellen Populisten" entwickelt, betonte Steinberg. Der Salafismus ist eine Unterkategorie des Islamismus, gilt als stark rückwärtsgewandt. Teile werden als demokratiefeindlich und extremistisch eingestuft. Die entschlossene Bekämpfung der Dschihadisten sei Konsens, betonte der Islamwissenschaftler.

"Salafismus als Herausforderung für Demokratie und politische Bildung"

Bei der noch bis Dienstag dauernden Veranstaltung "Salafismus als Herausforderung für Demokratie und politische Bildung" stehen Prävention und Jugendarbeit im Mittelpunkt. Claudia Dantschke vom Zentrum Demokratische Kultur sprach von einer heterogenen Bewegung, die seit 2004 auch unter Jugendlichen offensiv missioniere. Viele Salafisten lehnten Gewalt ab, andere legitimierten sie, wieder andere übten sie konkret aus. Der Verfassungsschutz gehe von 6000 Salafisten bundesweit aus, von denen 850 dem militanten Spektrum zugerechnet würden.

Vor allem labile junge Leute auf Sinnsuche, in einer Lebenskrise oder auch junge Muslime, die sich "nicht auf Augenhöhe mit der Mehrheitsgesellschaft" fühlten, seien von den einfachen Parolen, Versprechungen und der angebotenen Gemeinschaft angezogen, sagte Dantschke. Radikale salafistische Gruppen schicken der Expertin zufolge Jugendliche mit Flyern in Schulen, verteilen deutschsprachige Korane auf den Straßen, laden zu Grillfesten mit hochrangigen Predigern oder missionieren in Moscheen.

Bundesregierung will stärker gegen gewaltbereite Salafisten vorgehen

Die Innenminister von Bund und Ländern hatten jüngst angekündigt, gegen gewaltbereite Salafisten stärker vorgehen zu wollen. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte bei Vorlage des Verfassungsschutzberichts vor Terroranschlägen durch heimkehrende ehemalige Syrien-Kämpfer gewarnt. (dpa)

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