Tampa/Ankara. Die Türkei will den Kurden nicht bei der Verteidigung von Kobane gegen Islamisten helfen. Jetzt greifen die USA ein: Am Sonntag haben US-Flugzeuge in Nordsyrien erstmals Waffen zur Unterstützung der kurdischen Kämpfer abgeworfen. Ist das der Wendepunkt im Kampf um Kobane?
US-Flugzeuge haben erstmals Waffen für die kurdischen Kämpfer gegen die Terrormiliz IS in Nordsyrien abgeworfen. Wie das US-Zentralkommando in Tampa (Florida) mitteilte, versorgten C-130-Transportmaschinen Sonntagnacht die Kurden nahe der von Kämpfern des Islamischen Staat (IS) belagerten Grenzstadt Kobane mit mehreren Ladungen von Waffen, Munition und medizinischen Gütern.
Die Lieferungen seien von kurdischen Stellen im Irak zur Verfügung gestellt worden, hieß es weiter. Die Aktion solle dazu beitragen, die Verteidigung der Stadt gegen den Ansturm des IS aufrechtzuerhalten. Zugleich setzen die USA der Mitteilung zufolge ihre Luftangriffe gegen die Dschihadisten fort. Demnach habe es bisher allein mehr als 135 solcher Schläge gegen die extremistischen Angreifer bei Kobane gegeben.
Es gebe Hinweise darauf, dass diese Luftangriffe zusammen mit dem Widerstand am Boden den Vormarsch des IS auf die Stadt verlangsamt habe. Hunderte Kämpfer dieser Gruppe seien getötet und zahlreiche Ausrüstungsteile und Kampfstellungen zerstört oder beschädigt worden.
Türkischer Präsident Erdogan gegen Waffenhilfen für Kurden
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan sprach sich gegen Waffenhilfen für die Kurden in Kobane aus. Deren syrisch-kurdische Partei PYD sei ebenso eine "Terrororganisation" wie die verbotene Kurdische Arbeiterpartei PKK, sagte Erdogan nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Anadolu.
Die Miliz der PYD, die kurdischen Volksschutzeinheiten YPG, verteidigen seit knapp fünf Wochen Kobane gegen radikalsunnitische Kämpfer des Islamischen Staates (IS). Am Sonntag gelang es ihnen nach Angaben der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, sich in vom IS besetzte östliche Stadtteile vorzukämpfen.
US-Präsident Barack Obama besprach in der Nacht zum Sonntag mit Erdogan am Telefon die Lage in Syrien und besonders in Kobane. Es sei darum gegangen, wie der Vormarsch des IS gestoppt werden könne, teilte das Weiße Haus mit. Beide Präsidenten hätten zugesichert, im Kampf gegen den IS eng zusammenzuarbeiten. Dessen ungeachtet erklärte Erdogan auf dem Rückflug von Afghanistan, niemand könne von der Türkei erwarten, Waffenlieferungen an die PYD zuzustimmen.
Diskussion um Waffenlieferungen noch nicht vom Tisch
Nach Angaben des PYD-Sprechers Newaf Khalil ist die Diskussion um Waffenlieferungen jedoch noch nicht vom Tisch. "Wir haben uns von Anbeginn als Teil der internationalen Allianz zur Bekämpfung des IS bezeichnet", sagte Khalil der dpa am Sonntag. Die PYD stehe darüber im Austausch mit den USA und europäischen Ländern. "Wir haben die Notwendigkeit diskutiert, YPG-Einheiten im Widerstand gegen Isis zu unterstützen", sagte Khalil unter Verwendung des alten Akronyms der Terrormiliz, "vor allem da Isis sehr schwere Kriegsgerät besitzt".
Die verbesserte Zusammenarbeit von Kurden und der internationalen Allianz hat geholfen, den IS-Vormarsch in Kobane zu stoppen. "Es gab in der vergangenen Woche enge Absprachen beider Seiten", sagte Rami Abdel Rahman, der Leiter der syrischen Beobachtungsstelle, der dpa am Samstag. "Die Koalition war so in der Lage, mehr direkte Treffer gegen IS-Stellungen in Kobane zu landen." Einen YPG-Vorstoß in das vom IS besetzte Stadtviertel Kani Araban im Osten hatte die Allianz am Sonntagmorgen mit sechs Luftschläge im Raum Kobane unterstützt.
Im Irak starben nur einen Tag nach der Komplettierung der Regierung bei einem Selbstmordanschlag nahe Tikrit elf Menschen. Bei einem Selbstmordattentat in einer vor allem von Schiiten bewohnten Gegend von Bagdad starben 21 Menschen. Wie der US-Nachrichtensender CNN unter Berufung auf Polizeiquelle berichtete, wurden 25 Menschen verletzt. Am Sonntag bekannte sich niemand zu dem Anschlag.
Das irakische Parlament bestätigte am Samstag Chaled al-Obeidi als Verteidigungsminister und Mohammed al-Ghaban als Innenminister. Die Bundesregierung und die USA begrüßten die Komplettierung der Regierung als wichtigen Schritt zur Wiederherstellung der Stabilität. Der seit Anfang September amtierende Ministerpräsident Haidar al-Abadi hatte die beiden sicherheitsrelevanten Posten zunächst wegen Streitigkeiten im Parlament nicht besetzt. Der Machtkampf in Bagdad hatte auch den Vormarsch des IS begünstigt, der nun im Irak wie in Syrien je ein Drittel der Landesfläche beherrscht. (dpa)