Hannover. Der Korruptionsprozess gegen den früheren Bundespräsidenten Christian Wulff hat am Donnerstag begonnen. Anderthalb Jahre nach seinem Rücktritt als Bundespräsident steht Wulff wegen Vorteilsannahme in Hannover Gericht. Er selbst geht vor Prozessbeginn von der Bestätigung seiner Unschuld aus.
Der wegen Vorteilsannahme angeklagte Ex-Bundespräsident Christian Wulff hat vor Gericht alle Vorwürfe vehement zurückgewiesen. In seinen 37 Jahren als Politiker habe er keine Zuwendungen angenommen, sagte das ehemalige Staatsoberhaupt am Donnerstag vor dem Landgericht Hannover. Zugleich kritisierte er die Staatsanwaltschaft. Die Ermittlungen seien einseitig gewesen. Der Vorwurf, er habe sich durch Gefälligkeiten beeinflussen lassen, sei "eine Farce". Der durch die Ermittlungen entstandene "persönliche Schaden wird bleiben, ein Leben lang", sagte Wulff in seiner 50-minütigen Erklärung.
Vor dem Landgericht Hannover hat am Donnerstag der Prozess gegen Ex-Bundespräsident Christian Wulff begonnen. Das ehemalige Staatsoberhaupt ist wegen Vorteilsnahme angeklagt. Der Prozess soll klären, ob der mitangeklagte Filmproduzent David Groenewold dem damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten Gefälligkeiten zuteilwerden ließ, um sich dadurch nützliche Amtshandlungen zu sichern.
Wulff bestreitet den Vorwurf und will seinen Ruf durch einen Freispruch wiederherstellen lassen. Er hatte daher das Angebot der Staatsanwaltschaft abgelehnt, das Verfahren gegen eine Geldbuße einzustellen. Bei Vorteilsnahme reicht das Strafmaß von einer Geldstrafe bis hin zu drei Jahren Haft.
Vor Beginn der Verhandlung sagte der 54-Jährige, dies sei kein einfacher Tag für ihn. Er sei sich aber ganz sicher, "dass ich auch den allerletzten verbliebenen Vorwurf ausräumen werde, weil ich mich immer korrekt verhalten habe im Amt".
Richter Frank Rosenow beendete den ersten Verhandlungstag nach fast drei Stunden. Am nächsten Donnerstag wird das Verfahren mit der Vernehmung der ersten vier Zeugen fortgesetzt.
Christian Wulff trat im Februar 2012 als Bundespräsident zurück
Wulff war im Februar 2012 als Staatsoberhaupt zurückgetreten. Zum Verhängnis geworden war ihm am Ende ein ganzes Bündel von Vorwürfen und Ungereimtheiten - angefangen vom privaten Hauskredit einer Unternehmergattin bis hin zu Gratisurlauben bei Unternehmerfreunden und der versuchten Einflussnahme auf die Medienberichterstattung durch einen Anruf beim "Bild"-Chefredakteur.
Übrig blieb am Ende der Vorwurf der Vorteilsnahme im Zusammenhang mit einem Oktoberfestbesuch vor fünf Jahren. Groenewold soll anlässlich eines Besuchs des Münchner Oktoberfestes im Jahr 2008 für Wulff und dessen Familie die Kosten für Hotel und Kinderbetreuung von insgesamt 510 Euro übernommen haben. Hinzu kommt die Rechnung für ein Abendessen mit Wulff und seiner Ehefrau Bettina in Höhe von 209,40 Euro sowie ein Festzeltbesuch mit weiteren Personen in Höhe von 3209 Euro.
Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft sollte Wulff damit motiviert werden, sich als niedersächsischer Ministerpräsident bei Siemens für eine Unterstützung bei der Vermarktung des Films "John Rabe" einzusetzen. Zeitnah zum Oktoberfest soll Groenewold, der wegen Vorteilsgewährung angeklagt ist, eine entsprechende Bitte an Wulff gerichtet haben. Wulff soll dem nachgekommen sein, indem er in einem Brief vom 15. Dezember 2008 in einem Brief an Siemens-Chef Peter Löscher für das Filmprojekt warb.
Kai Diekmann hält Wulff-Prozess für falsch und übertrieben
"Bild"-Chefredakteur Kai Diekmann hält den Prozess gegen Ex-Bundespräsident Christian Wulff für falsch. "Nach umfassenden Ermittlungen bleibt vom Vorwurf der Käuflichkeit ein Betrag von 719,40 Euro", schreibt er in der "Bild"-Zeitung. "Ist ein Ministerpräsident dafür wirklich käuflich?"
"Bestraft ist Christian Wulff im Übrigen schon längst genug", schreibt Diekmann in seinem Kommentar. Es dränge sich der Eindruck auf, "die Kleinlichkeit und Verbissenheit der Staatsanwaltschaft" komme von ihrer Angst, den Rücktritt mit den Ermittlungen zwar ausgelöst zu haben, jetzt aber die entsprechende Anklage nicht liefern zu können. Die Justiz habe politisch gedacht und gehandelt. Sie hätte juristisch denken und das Verfahren irgendwann abblasen müssen. (rtr/dpa)