Rémilly/Saarbrücken. Der Castor-Transport hat Deutschland erreicht. Unterdessen gab es im Wendland erste gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Polizisten.
17 Stunden Fahrt, 24 Stunden Stopp, Weiterfahrt mit Grenzüberquerung nach Deutschland - und nun wieder Stopp, diesmal im saarländischen Neunkirchen: Der Castor-Transport aus dem französischen La Hague ins niedersächsischen Atommüll-Zwischenlager Gorleben rollt in Etappen. Am Freitag gegen 10 Uhr hatte er die Landesgrenze zu Deutschland in Forbach bei Saarbrücken überquert.
Im Waldgebiet Göhrde im niedersächsischen Landkreis Lüchow-Dannenberg haben offenbar militante Castor-Gegner am Freitag Polizeifahrzeuge in Brand gesteckt. In Leitstade und Tollendorf hätten die Straftäter je einen Streifenwagen angezündet, sagte ein Polizeisprecher in Lüneburg. Zu Verletzten sei es nach bisherigen Erkenntnissen nicht gekommen.
Göhrde liegt etwa 35 Kilometer nordwestlich des Atommüll-Zwischenlagers Gorleben. Der Castor-Zug aus dem französischen La Hague mit elf Behältern hoch radioaktiven Materials an Bord war am Mittwoch gestartet und steht zurzeit im Saarland.
Demonstrationen in Speyer und Saarbrücken
Der Zug mit elf Castor-Behältern hoch radioaktiven Atommülls an Bord war am Mittwochnachmittag gestartet. In Rémilly bei Metz hatte er einen rund eintägigen Zwischenstopp von Donnerstag auf Freitag eingelegt. In Neunkirchen steht der Zug nun wegen eines planmäßigen Lok- und Personalwechsels. Ein Bahnsprecher sagte, dies werde längere Zeit in Anspruch nehmen.
In Speyer versammelten sich am Freitagmorgen über 100 Atomkraftgegner zu einer Kundgebung. Dazu aufgerufen hatten die Südwestdeutschen Anti-Atom-Initiativen. In Saarbrücken demonstrierten am Vormittag knapp 20 Menschen vor dem Hauptbahnhof gegen den Transport.
Umweltschützer: Castor-Stopp hat Bevölkerung gefährdet
Unterdessen wurde bekannt, dass die französische Anti-Atom-Organisation Sortir du nucléaire möglicherweise juristisch gegen den rund eintägigen Stopp des Castor-Zuges im Bahnhof von Rémilly klagen wird. "Dieser unnötig lange Halt einer radioaktiv strahlenden Fracht hat die Bevölkerung in Gefahr versetzt", erklärte die Aktivistin Laura Hameaux.
Nach dem Paragraphen L 1333 im französischen Gesetzbuch zur öffentlichen Gesundheit müsse jede Aktion, die Personen ionisierender Strahlung aussetzt, einzeln genehmigt werden. "Das haben die Atomkonzerne und EDF versäumt und ihr rollendes Tschernobyl mitten in der Zivilisation stehen lassen", erklärte Hameaux. Juristen des Netzwerkes prüften bereits eine offizielle Klage.
Im Wendland waren Castor-Gegner und Sicherheitskräfte am Donnerstagabend schon deutlich vor der Ankunft des Atommülls mit der Polizei aneinandergeraten. Bei der Räumung einer besetzten Kreuzung vor Metzingen setzten die Beamten nach Beobachtung von dapd-Reportern und Polizei-Angaben Pfefferspray, Wasserwerfer und auch Schlagstöcke ein. Aktivisten warfen nach Aussage der Polizei vom Freitag Böller, Flaschen, Steine, Farbbeutel und Eier.
Widersprüchliche Angaben gab es am Freitag zu Verletzten nach dieser Auseinandersetzung. Aus der Polizeipressestelle "Castor-Transport" hieß es, elf Beamte seien verletzt worden. Umweltschützer sprachen von "rund einem Dutzend" verletzter Demonstranten. "Radio Freies Wendland" nannte 20 Verletzte durch Pfefferspray. Eine Frau habe außerdem eine Prellung erlitten. Die Polizei geht nach eigenem Bekunden "weiterhin davon aus, dass die Proteste größtenteils friedlich verlaufen".
Ursprünglich sollte der Zug am Donnerstag in La Hague los fahren und am Freitag die deutsche Grenze passieren. Offenbar um größere Proteste zu verhindern, hatten die französischen Behörden den Transport vor wenigen Tagen überraschend auf Mittwoch vorgezogen. (dapd)