Neuss. Guido Westerwelle führt die NRW-FDP in die Bundestagswahl 2013 - und will für ein zweistelliges Wahlergebnis kämpfen. Auf dem FDP-Landesparteitag in Neuss wählten 88 Prozent der Delegierten den Bundesaußenminister zum Spitzenkandidaten. Unumstrittener Star bleibt aber Landeschef Christian Lindner.

Die Umfragen sind im Keller – im Bundestagswahlkampf aber treten die Liberalen mit breiter Brust an. „Wer sich klein macht, wird klein werden“, mahnte Bundesaußenminister Guido Westerwelle auf dem FDP-Landesparteitag in Neuss. Die liberale Losung gegen die Depression: Selbstbewusstsein und Eigenständigkeit. Mit 88 Prozent der Stimmen wählten die knapp 400 Delegierten Westerwelle zum Spitzenkandidaten der NRW-FDP für die Bundestagswahl. Die Nummer 1 der FDP-Landesliste legte die Latte hoch.  „Ich kämpfe nicht für fünf Prozent plus x, sondern  dafür, dass wir in NRW an die Zweistelligkeit herankommen.“

Im Wahlkampf will Westerwelle mit den liberalen Markenzeichen  Leistungsbereitschaft, Weltoffenheit und Toleranz punkten. „Lasst alle nach links wandern, wir bleiben in der Mitte.“ Während andere Parteien dem Zeitgeist der staatlichen Bevormundung folgten, halte die FDP am Lebensmodell der Individualität fest. Westerwelle warb für die  Fortsetzung der Koalition mit der CDU/CDU - dabei sei die FDP allerdings erst in zweiter Linie Koalitionspartner.

HomoeheMarco Buschmann zum Generalsekretär gewählt

Muntermacher Westerwelle, der ein klares Bekenntnis zum Projekt Europa ablegte, erhielt viel dankbaren Beifall in der Neusser Stadthalle. Unumstrittener Star der Liberalen aber bleibt FDP-Landeschef Christian Lindner. Der riss die Delegierten in der Neusser Stadthalle mit einer flammenden Philippika gegen die Grünen von den Stühlen. „Aus Zukunftsgestaltern sind Tugendwächter geworden“, keulte Lindner. Dem Leitbild der „grünen Spießbürger mit dem erhobenen Zeigefinger“ setzte der liberale Hoffnungsträger das blaugelbe Prinzip vom „Leben und leben lassen“ entgegen.

Mangelndes Selbstbewusstsein ist Lindners Manko nicht. Breitbeinig ernannte der FDP-Landeschef den eigenen Verband zum  „Stabilitätsanker der FDP insgesamt“. Wer die Trendwende im Bund erreichen wolle, schaue auf die Erfolge der NRW-FDP. „Wir haben gezeigt, wie man es dreht.“  Lindner bleibt in der Landesliga, spielt aber in der Bundesliga eine Schlüsselrolle. Der größte Landesverband erhebt massive Gestaltungsansprüche. In Neuss wurde  einmal mehr deutlich, dass an Lindner in der Partei auf Dauer keiner vorbei kommt. Mit 86 Prozent wird Lindners Intimus Marco Buschmann als Generalsekretär der NRW-FDP gewählt. Der Gelsenkirchener Buschmann wird später auch auf Listenplatz 8 für den Bundestag abgesichert.

Heiß begehrte Plätze auf der Landesliste

In freier Rede kritisierte der FDP-Landeschef die schwarz-grünen Fingerübungen im Bund. Wenn die CDU vor der Bundestagswahl mit den Grünen turtele, nütze das am Ende nur den Grünen. In der NRW-Landesregierung sieht Lindner die Sozialdemokraten im Schlepptau der Grünen. „Überall bestimmen die Grünen den Kurs in der NRW-Landesregierung.“ Nichtraucherschutz, Kanal-Tüv, Klimaschutzgesetz … Lindners grün-rote „Horrorliste“ trifft auf Zuspruch.

Nach der Bundestagswahl 2009 sind 20 FDP-Abgeordnete aus NRW nach Berlin gezogen. Schaffen die Liberalen im Herbst 2013 nur fünf Prozent, sind nur zehn Plätze sicher. Hinter Westerwelle wurden Daniel Bahr, Gisela Piltz und Otto Fricke gewählt. Auf Platz fünf setzte sich der Kritiker der hohen  Griechenland-Hilfen, Frank Schäffler, erst in einer Kampfkandidatur durch.

A uch Platz sechs war heiß umkämpft. Gegen den vom Bezirksvorstand Ruhr nominierten Mathias Richter aus Recklinghausen trat der Bundestagsabgeordnete Michael Kauch aus Dortmund an, der 2003 für Jürgen Möllemann in den Bundestag rückte. Die 400 Delegierten kippten den Beschluss des Ruhr-Bezirksvorstands und wählten Kauch auf Platz 6 der Landesliste. Etwas Revolte muss bei den Liberalen schon sein.