Kundus. Eine Woche nach dem Tod eines deutschen Elite-Soldaten ist Bundeskanzlerin Merkel zu einem überraschenden Besuch der Truppen in Kundus eingetroffen. Sie lobte den “schweren und oft gefährlichen Einsatz“ der deutschen Soldaten, der 2015 abgeschlossen werden soll.

Knapp eine Woche nach dem Tod eines deutschen Elite-Soldaten in Afghanistan ist Bundeskanzlerin Angela Merkel dort überraschend zu einem Truppenbesuch eingetroffen. Die Kanzlerin landete am Freitagmorgen in Begleitung von Verteidigungsminister Thomas de Maizière im nordafghanischen Masar-i-Scharif. Von dort aus flog Merkel mit ihrer Delegation weiter in die Unruheprovinz Kundus. Die Reise war vorab aus Sicherheitsgründen geheim gehalten worden.

Nach ihrem Eintreffen im Feldlager Kundus besuchte Merkel den Ehrenhain, wo sie der getöteten deutschen Soldaten gedachte. Der Elite-Soldat des Kommandos Spezialkräfte (KSK) war am vergangenen Samstag in der an Kundus angrenzenden Provinz Baghlan getötet worden. Es war das erste Mal, dass ein KSK-Soldat in Afghanistan fiel.

Der Hauptfeldwebel geriet bei einer gemeinsamen Operation mit afghanischen Kräften in einen Hinterhalt der Taliban und wurde erschossen. Die Merkel-Reise war schon vor dem Todesfall geplant, hat dadurch aber noch einmal eine zusätzliche Bedeutung erlangt. Der 32-Jährige war der erste Bundeswehrsoldat seit fast zwei Jahren, der in Afghanistan getötet wurde.

Deutsche Soldaten bleiben auch nach Beendigung des Kampfeinsatzes

Es ist Merkels fünfter Afghanistan-Besuch seit 2007. Erstmals flog die Kanzlerin direkt mit einem Regierungs-Airbus von Berlin nach Masar-i-Scharif. Bei den vorangegangenen Reisen musste sie aus Sicherheitsgründen im usbekischen Termes in eine Militärmaschine mit Raketenabwehrsystem umsteigen. Von Masar-i-Scharif aus flog die Kanzlerin per Hubschrauber weiter nach Kundus. Vor wenigen Tagen waren zwei Bundeswehr-Hubschrauber in Afghanistan von Aufständischen beschossen worden. Niemand kam zu Schaden.

Deutschland stellt nach den USA und Großbritannien derzeit das drittgrößte Kontingent der ISAF.  Die Bundesregierung hatte nach dem Tod des KSK-Soldaten erklärt, unverändert an ihrer Afghanistan-Strategie festhalten zu wollen. Dazu gehört das Angebot, auch nach dem Ende des Nato-Kampfeinsatzes ab 2015 bis zu 800 Soldaten für Ausbildung und Beratung der afghanischen Armee zur Verfügung zu stellen. Deutschland hat damit als erstes Nato-Land einen konkreten Vorschlag für eine längerfristige Präsenz am Hindukusch gemacht. Die radikalislamischen Taliban hatten der Bundeswehr daraufhin mit gezielten Angriffen gedroht.

Merkel fordert vor Truppenabzug Reformen der afghanischen Regierung

Vor dem Ende des Nato-Kampfeinsatzes 2014 hat Bundeskanzlerin Angela Merkel weitere Reformen in Afghanistan angemahnt. "Wir werden ein Auge darauf haben, dass der politische Prozess hier vorangeht", sagte sie am Freitag vor deutschen Soldaten im nordafghanischen Kundus.

Als anstehende Aufgaben nannte Merkel die Vorbereitung der Präsidentschaftswahl im April 2014 und den Aufbau der Wirtschaft. "All das vollzieht sich zum Teil mühselig, zum Teil etwas langsamer als wir uns das wünschen", sagte Merkel. "Aber es ist unabdingbar dafür, dass der militärische Einsatz nicht alleine stehenbleibt, sondern dass er wirklich Erfolg hat."

Bei dem Truppenbesuch bekräftigte die Kanzlerin den Willen der Bundesregierung, sich nach dem Auslaufen des Nato-Kampfeinsatzes Ende 2014 weiter militärisch in Afghanistan zu engagieren. Sie ermunterte andere Länder, das ebenfalls zu tun. "Die Bundeswehr hat hier im gesamten Gebiet natürlich auch gezeigt, wie internationale Kooperation gut funktionieren kann." Der multinationale Einsatz in Nordafghanistan wird von Deutschland geführt.

In Kundus wollte Merkel auch mit KSK-Soldaten zusammenkommen. Die Bundeswehr will das Feldlager in Kundus im Herbst an die Afghanen übergeben und den verlustreichen Einsatz in der Unruheprovinz dann nach knapp zehn Jahren beenden. Derzeit sind rund 4300 Bundeswehrsoldaten in Afghanistan stationiert. Der Einsatz kostete bislang 53 deutsche Soldaten das Leben. 35 davon starben bei Angriffen und Anschlägen. Merkel hatte die deutschen Soldaten in Afghanistan zuletzt im März 2012 besucht. (dpa)