Essen.. Deutschland ist der drittgrößte Waffenexporteur der Welt. Im Jahr 2009 wurden Rüstungsgüter im Wert von fünf Milliarden Euro legal ausgeführt. Auch die ägyptische Armee bekam deutsche Waffen.
Was vereint den Schützenpanzer Puma, das U-Boot U214 und die Maschinenpistole MP5? Sie haben das Zeug zum Exportschlager. Deutsche Waffen und Waffensysteme genießen einen ähnlich guten Ruf wie deutsche Autos. Nicht nur Nato-Partner bestellen oft und gerne, sondern auch Länder, in denen es weder demokratisch noch friedlich zugeht. Ägypten, zum Beispiel.
Rüstungsgüter für 77 Millionen Euro haben die Ägypter im Jahr 2009 aus Deutschland bekommen. „Darunter 884 Maschinenpistolen, ausgerechnet nach Ägypten“, sagt Gertrud Casel von der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung. Die GKKE arbeitet für die beiden großen Kirchen in Deutschland und schreibt jährlich einen Rüstungsexportbericht.
Deutschland ist ein Waffenhändler. Die Nummer drei auf dem Globus nach den USA und Russland. Die besten Kunden waren im Jahr 2009 die Türkei, Griechenland und Südafrika. Deutsche Unternehmen wie Heckler & Koch und Rheinmetall Defence verdienen einen schnellen Euro mit Pistolen und Panzern, aber auch der Bund selbst verkauft Kriegsgerät, das die Bundeswehr nicht mehr braucht, in die weite Welt. Zuletzt für 130 Millionen Euro.
„Besonderes Interesse“
Waffen im Wert von fünf Milliarden Euro erhielten 2009 die Ausfuhrgenehmigung. Der Bund spricht in seinem Rüstungsbericht von „restriktiver Kontrolle“, vor allem bei Kleinwaffen. Die dürfen nur „ausnahmsweise“ ausgeführt werden und auch nur, wenn Deutschland ein „besonderes sicherheitspolitisches Interesse“ daran hat.
In der Praxis sieht das so aus: Letztes Jahr wurden aus Deutschland 34 401 Kleinwaffen exportiert. Saudi-Arabien bekam 2500 Sturmgewehre, Indien rund 730 Sturmgewehre und Maschinenpistolen. 9174 leichte Waffen, darunter Granatwerfer und Panzerfäuste, gingen nach Singapur, Kuwait, Jordanien, Südkorea.
„Die kleinen Waffen bereiten uns die größten Sorgen, denn vor allem sie machen Menschenrechtsverletzungen möglich“, sagt Mathias John, Rüstungsexperte bei Amnesty International. Kleine Waffen wie jene rund 900 Maschinenpistolen, die Ägypten bekommen hat. Niemand weiß, wer sie heute benutzt, ob mit ihnen nicht in diesen Tagen Regimegegner bekämpft werden. Das Wirtschaftsministerium hatte jüngst den Waffenexport nach Ägypten wegen der Unruhen dort vorläufig gestoppt. Eine späte Einsicht nach jahrzehntelanger Zusammenarbeit mit der ägyptischen Armee. Die bekam in der Vergangenheit übrigens nicht nur Pistolen, sondern auch Jets und Schnellboote „Made in Germany“.
Viel zu lasch sind die Exportkontrollen, finden Gertrud Casel und Mathias John. „Die USA und Großbritannien beziehen bei Rüstungsexporten ihre Parlamente viel stärker mit ein als Deutschland“, kritisiert der Mann von Amnesty. Über besonders delikate Geschäfte entscheidet hierzulande der Bundessicherheitsrat, in dem auch die Kanzlerin sitzt. Debatten im Bundestag über Waffenausfuhren sind eher die Ausnahme.
Schießen in der Heide
Eigentlich dürfte deutsches Kriegsgerät gar nicht in Krisenregionen gelangen. Die EU-Länder haben sich auf einen „gemeinsamen Standpunkt“ verständigt: Staaten, die ihre Bürger unterdrücken, die viel Geld für Rüstung und wenig für Entwicklung ausgeben, die im Streit mit ihren Nachbarn leben, bekommen keine Patrone. Das Internationale Konversionszentrum Bonn (BICC) hat aber ausgerechnet, dass im Jahr 2009 Waffenlieferungen aus Deutschland im Wert von rund 270 Millionen Euro an unsichere Länder genehmigt wurden, darunter Saudi-Arabien, Angola, Algerien und eben Ägypten.
International gut im Geschäft sind Waffenschmieden wie Heckler & Koch oder Rheinmetall Defence. Heckler wehrte sich jüngst gegen Vorwürfe, illegal Gewehre an mexikanische Bundesstaaten geliefert zu haben. Rheinmetall, der Hersteller des Panzers „Puma“, lud im Oktober zum „Infanterie-Symposium“ in die Lüneburger Heide. An die 260 Gäste aus 27 Nationen sollen gekommen sein. Geschossen wurde bei Tag und bei Nacht. Mit den Exportschlagern von morgen.