Düsseldorf. Bedrohung von außen und innen nimmt laut Verfassungsschutz zu. Innenminister Herbert Reul (CDU) warnt vor „Deckmantel-Extremismus“.

Neben Rechts- und Linksextremisten sowie religiösen Fanatikern bedrohen zunehmend russische Spione und Anhänger des russischen Präsidenten Wladimir Putin die Demokratie und die innere Sicherheit in NRW. „Die Gefahren für unsere Gesellschaft kommen aus allen Richtungen. Wir haben es mehr denn je mit einer 360-Grad-Bedrohung zu tun“, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) am Freitag bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes 2021 und unter dem Eindruck des Krieges in der Ukraine.

Die Risiken durch Cyber-Attacken, Spione, Sabotage und Desinformation seien seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine weiter gestiegen, erklärten Reul und der neue Chef des NRW-Verfassungsschutzes, Jürgen Kayser. Dies mache eine Neujustierung und personelle Verstärkung der Sicherheitsbehörden erforderlich.

Reul: Methoden sind immer perfider und zielen auf die Mitte der Gesellschaft

Es gehe um die Schwächung von Unternehmen und Verwaltungen sowie darum, „die Stimmung zugunsten Russlands zu drehen“. Daneben sei die Bedrohung durch Rechts- und Linksextremisten sowie durch Islamisten nicht kleiner und ihre Methoden sogar noch perfider geworden.

So wollten Extremisten mit der Strategie der „Entgrenzung“ zunehmend in der gesellschaftlichen Mitte punkten, indem sie ihre wahren Absichten verschleierten. Der Innenminister spricht von „Deckmantel-Extremismus“. Da kommen zum Beispiel Rechtsextremisten als Hochwasserhelfer daher, Salafisten sammeln angeblich Spenden für Notleidende, Linksextremisten unterwandern Klimaschutzbewegungen.

Der harte Kern protestiert einfach gegen alles

Besonders Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen beschäftigten im Jahr 2021 die Sicherheitsbehörden: Es gab rund 2000 Versammlungen mit Corona-Bezug mit rund 150.000 Teilnehmern, darunter auch viele harte „Systemgegner“, so Reul. Diese bunte Protest-Szene könne sich jederzeit ein neues Thema suchen, zum Beispiel die hohen Spritpreise oder die bevorstehende Landtagswahl, warnte Reul. Zum Teil würden die Systemgegner im Ukraine-Krieg eine pro-russische Haltung einnehmen. Dem harten Kern dieser Szene gehe es nur um „Protest gegen alles“.

Hier ausgewählte Ergebnisse aus dem Verfassungsschutzbericht:

Im Jahr 2021 zählten die Behörden in NRW 3875 Rechtsextremisten – ein Rückgang von 1,6 Prozent. Unverändert gebe es rund 2000 gewaltbereite Rechtsextremisten im Land. Die Zahl der von ihnen verübten Straftaten sank um 7,5 Prozent.

Die linksextremistische Szene suche die Nähe zur Klimabewegung. Gerade sie propagiere gern den Begriff „zivilen Ungehorsam“, um Straftaten zu beschönigen, sagte Reul. Unverändert gebe es in NRW 2570 Linksextremisten. Die Zahl der durch sie verübten Straftaten sank um 15,6 Prozent auf 1207, die Gewaltdelikte nahmen aber um 4,5 Prozent zu.

190 islamistische Gefährder in NRW

Auch Islamisten wendeten oft die Strategie der „Entgrenzung“ an. 2021 wurden drei und vor wenigen Wochen zwei weitere Vereine verboten, die „unter dem Deckmantel humanitärer Hilfe Geld für die Hisbollah sammelten“. Reul spricht von „Spendenbüchsen des Terrors“. NRW stehe weiter im Fadenkreuz der Islamisten. Die Behörden zählen 780 gewaltbereite Islamisten, darunter 190 Gefährder, „den wir jederzeit eine schwere Straftat zutrauen müssen“.

Die Zahl antisemitischer Straftaten stieg im vergangenen Jahr um 53 Prozent auf 437, begangen durch Rechts-, Links- und religiösen Extremisten.