Essen. Der Präsident der Kinder- und Jugendärzte befeuert die Debatte um Impfpflicht in Kitas und Schulen. Sozialverband: Auch in Altenpflege notwendig.
Scharfe Kritik an den Verweigerern einer Corona-Impfung übt der Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, Thomas Fischbach. „Wer mit vulnerablen Gruppen zu tun hat und die eigene Immunisierung ablehnt, hat seinen Verstand ausgeschaltet“, sagte Fischbach der Neuen Osnabrücker Zeitung. „Wenn viele Beschäftigte in Kitas, Schulen und Kliniken Impfungen weiter verweigern, sollte der Gesetzgeber ernsthaft über eine Impfpflicht in diesen sensiblen Bereichen nachdenken“, so Fischbach weiter.
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Der Sozialverband VdK NRW unterstützt den Vorstoß der Kinderärzte. „Wir haben große Sympathie für eine Impfpflicht in diesen Bereichen“, sagt Landesvorsitzender Horst Vöge dieser Redaktion. Darüber hinaus müsse auch der Bereich des betreuten Wohnens und der ambulanten Pflege in den Blick genommen werden, so Vöge.
GEW: Impfpflicht ist eine Scheindebatte
„Viele ältere Menschen, die zu Hause gepflegt werden, haben Angst vor einer Infektion und verzichten lieber auf Hilfe“, so Vöge. In Nordrhein-Westfalen werden nach Angaben des VdK rund 750.000 Menschen zu Hause gepflegt. Auch im Bereich der Altenpflege sollte daher eine Impfpflicht diskutiert werden, so der VdK-Landesvorsitzende. Laut Robert-Koch-Institut sind in Deutschland 64 Prozent der Gesamtbevölkerung vollständig gegen das Corona-Virus geimpft, 67,7 haben mindestens eine Impfdosis erhalten.
Die Gewerkschaft GEW weist die Forderung nach einer Impfpflicht für Erzieherinnen und Lehrkräfte zurück: „Das ist eine Scheindebatte“, sagt Ayla Çelik, GEW-Vorsitzende in NRW. Die Beschäftigen in Kitas und Schulen seien sich ihrer Verantwortung bewusst, viele hätten sich früh um eine Impfung bemüht. Die Impfquote liege nach GEW-Erkenntnissen bei über 90 Prozent. Die Debatte um eine Impfpflicht gehe nach Ansicht vieler Kolleginnen und Kollegen an den tatsächlich drängenden Problemen wie Luftfilter, Personalnot und niedrigschwelligen Impfangeboten vorbei, betonte Çelik.
Jugendliche wollen Normalität zurück
Der Kinderarzt Michael Achenbach, Sprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) Westfalen-Lippe, bemerkt bei Jugendlichen eine starke Nachfrage nach Corona-Impfungen. „Heute wird allein unsere Praxis rund 120 Impfungen vornehmen“, sagt Achenbach dieser Redaktion. Da viele Erwachsene sich nicht impfen ließen, sehen sich die jungen Menschen einem wachsenden Druck ausgesetzt, meint Achenbach: „Sie wollen zurück in die Normalität.“
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Eine allgemeine Impfpflicht für Erzieherinnen, Lehr- und Pflegekräfte fordert der Kinderarzt allerdings nicht. Aber er appelliert an alle in sensiblen Bereichen beschäftigte Menschen eindringlich, sich immunisieren zu lassen. „Kinder und Jugendliche sowie die Menschen in den Altenheimen haben psychisch ganz besonders unter dem Lockdown gelitten. Das darf sich nicht wiederholen.“