Düsseldorf. Berlin oder Düsseldorf? Die Debatte über die politische Zukunft des Kanzlerkandidaten der Union ist voll entbrannt. Ruf nach Klarheit.
In der NRW-CDU ist die Debatte über die politische Zukunft von Ministerpräsident und Parteichef Armin Laschet am Wochenende voll entbrannt. Innenminister Herbert Reul (CDU) sprach sich am Samstag in der „Welt“ erstmals offensiv für eine Kanzlerkandidatur Laschets mit Rückfahrkarte nach Düsseldorf aus. „Armin Laschet muss voll auf Kanzler gehen und ganz auf Sieg setzen. Aber je nach Wahlergebnis würde ich nicht ausschließen, dass er Ministerpräsident bleibt und wieder kandidiert“, sagte Reul. Die Entscheidung werde „erst fallen, wenn der Wahltag vorbei ist“, so der 68-jährige Laschet-Vertraute.
Dass die künftige Aufstellung der NRW-CDU bis zur Bundestagswahl am 26. September offengehalten werden kann, wird intern jedoch immer heftiger bestritten. Laschet selbst hat bislang nur erkennen lassen, dass er als Kanzlerkandidat der Union den Bundestagswahlkampf aus dem Ministerpräsidenten-Amt heraus bestreiten wolle. Da jedoch in NRW bereits im Mai 2022 wieder Landtagswahlen anstehen, gehen viele davon aus, dass er seine politische Zukunft so oder so in Berlin suchen muss.
Ruhr-CDU fordert Klarheit über die personelle Neuaufstellung
Nach der erbitterten Auseinandersetzung mit CSU-Chef Markus Söder und Teilen der eigenen Parteibasis um die Kanzlerkandidatur trage Laschet nun die volle Verantwortung für die Kampagne. Im Misserfolgsfall könne er - anders als historische Vorbilder wie Johannes Rau oder Edmund Stoiber - kaum unbeschadet auf Landesebene weitermachen, heißt es. Die Opposition im Landtag bereitet dem Vernehmen nach bereits eine Kampagne für diesen Fall vor, die deutlichen machen werde, dass die NRW-Staatskanzlei „kein Trostpreis“ für gescheiterte Bundesambitionen sei.
Eine Vorentscheidung über die Neuaufstellung der NRW-CDU soll der Landesvorstand am 10. Mai treffen. Noch vor der Sommerpause soll Laschet zunächst den Landesvorsitz in andere Hände geben. Erwartet wird auch ein Signal, wie sich Laschet einen Übergang in der Staatskanzlei im Herbst vorstellt. Als Landesvorsitzender ist der 68-jährige Reul im Gespräch, der hohe Anerkennung in weiten Teilen der Partei genießt. Favorit auf das Ministerpräsidenten-Amt ist Verkehrsminister Hendrik Wüst (45), der neben Regierungserfahrung und dem richtigen Alter auch das von der Verfassung vorgeschriebene Landtagsmandat mitbringt.
Kann man sich alles offenhalten? Die Angst vor der Röttgen-Falle
„Zwölf Monate vor der Landtagswahl sollten wir Klarheit schaffen und eine personelle Lösung mit Zukunftsperspektive entwickeln“, forderte Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen am Samstag gegenüber unserer Redaktion. Kufen ist designierter Vorsitzender des einflussreichen CDU-Bezirks Ruhr. Eine Hängepartie bis zur Bundestagswahl kann er sich offenbar schwer vorstellen: „Armin Laschet hat bereits angekündigt, bei diesem Thema für klare Verhältnisse zu sorgen. Dem will ich nicht vorgreifen. Der CDU-Vorstand wird dazu sicher in Kürze zu einer gemeinsamen Lösung kommen“, sagte Kufen weiter.
Auch der Chef des CDU-Sozialflügels, Dennis Radtke, forderte am Samstag gegenüber unserer Redaktion Klarheit bei der personellen Neuaufstellung: „Alles andere schafft nur Unruhe, die wir gerade nach dem Ärger mit der CSU überhaupt nicht gebrauchen können.“ Er sei davon überzeugt, dass Laschet im Herbst Bundeskanzler wird. „Auf dem Weg dorthin wird er sich nicht aufreiben lassen wie seinerzeit Norbert Röttgen“, so Radtke weiter.
Röttgen hatte als Spitzenkandidat der NRW-CDU bei der Landtagswahl 2012 offengelassen, ob er auch im Falle einer Niederlage nach Düsseldorf kommen werde oder lieber Bundesumweltminister in Berlin bleiben wolle – am Ende bestraften die Wähler diese Vollkasko-Mentalität mit dem schlechtesten CDU-Wahlergebnis der NRW-Geschichte.