Düsseldorf. Der frühere NRW-Innenminister Herbert Schnoor ist Sonntag im Alter von 94 Jahren gestorben. 15 Jahre leitete der Sozialdemokrat das Innenressort.
Der frühere nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Schnoor (SPD) ist tot. Er sei am Sonntag im Alter von 94 Jahren gestorben, teilte die Landes-SPD am Montag mit. Der Sozialdemokrat stand im Kabinett von Ministerpräsident Johannes Rau (SPD) 15 Jahre lang an der Spitze des Innenressorts. In Schnoors Amtszeit fiel das Geiseldrama von Gladbeck, das Deutschland 1988 tagelang in Atem hielt. Drei Menschen starben. Neben Medien und der Polizei geriet auch Schnoor als zuständiger Minister massiv in die Kritik.
Während der Bremer Innensenator Bernd Meyer (SPD) als Konsequenz aus dem Fiasko zurücktrat, blieb Schnoor - mittlerweile auch stellvertretender Ministerpräsident - im Amt. Dabei soll mitgespielt haben, dass andernfalls auch Raus politisches Überleben gefährdet gewesen wäre.
Gladbecker Geiseldrama war Schnoors Lebenstrauma
Schnoor sagte später, es habe in seiner Verantwortung keine falschen Entscheidungen gegeben, sondern nur „einen Mangel an richtigen“. Persönlich soll er schwer an seiner Verantwortung getragen haben - man kann wohl sagen, dass das Geiseldrama sein Lebenstrauma geworden ist. 30 Jahre nach dem Geschehen bekannte sich der nordrhein-westfälische Landtag 2018 fraktionsübergreifend zur Mitverantwortung des Landes für die damaligen Einsatzfehler.
Als 1982 in Bonn die Ära von Helmut Schmidt zu Ende ging und der neue CDU-Kanzler Helmut Kohl eine „geistig-moralische Wende“ ausrief, entwickelte sich Schnoor zum liberalen Gegenspieler der „Law-and-Order“-Politik des erzkonservativen Bundesinnenministers Friedrich Zimmermann (CSU).
Als NRW-Innenminister lehnte Schnoor Verschärfung des Demonstrationsrechts ab
So lehnte er die von Zimmermann vorangetriebene Verschärfung des Demonstrationsrechts mit großer Entschiedenheit ab. Er war einer der ersten, der sich dafür einsetzte, bei Demonstrationen deeskalierend aufzutreten und die Zusammenarbeit mit den Veranstaltern zu suchen. Auch im Asylrecht vertrat er dezidiert liberale Positionen und machte sich bereits für eine Einwanderungspolitik stark. So wurde Schnoor in Düsseldorf zum wichtigsten Mann nach Rau und gewann bundespolitisches Profil.
„Herbert Schnoors täglicher Einsatz für unsere Demokratie ist bis heute ein Vorbild für eine Innenpolitik, bei der die Bürgerinnen und Bürger im Mittelpunkt stehen“, sagte SPD-Landeschef Thomas Kutschaty.
Herbert Schnoor war 15 Jahre NRW-Innenminister
Schnoor wurde 1927 in Aurich in Ostfriesland geboren und behielt zeitlebens einen norddeutschen Zungenschlag. Er sprach auch recht flüssig Niederländisch. Nach dem Krieg studierte er Jura. Er arbeitete zunächst als Verwaltungsjurist in Niedersachsen und wechselte dann nach Nordrhein-Westfalen.
Seit 1965 SPD-Mitglied, stieg er zum Staatssekretär in dem von Johannes Rau geführten Wissenschaftsministerium und dann zum Chef der Staatskanzlei auf. Nachdem die SPD mit Rau 1980 die absolute Mehrheit errungen hatte, wurde Schnoor Innenminister - ein Amt, das er 15 Jahre bekleiden sollte. 1995 schied er aus Altersgründen aus dem Amt. Zuletzt lebte er in Brandenburg. (dpa)