An Rhein und Ruhr. Testnachweise lassen sich in Papierform oder als PDF-Datei leicht fälschen. Kriminellen drohen hohe Strafen, warnt das Gesundheitsministerium.
Wenn ab kommenden Montag die Corona-Tests bundesweit kostenpflichtig werden, steigt auch das Risiko von Fälschungsversuchen. Laut einer stichprobenartigen NRZ-Umfrage planen die meisten Teststellen an Rhein und Ruhr aktuell mit zehn bis 20 Euro pro Nachweis. „Da wird es einige geben, die sagen, dass ihnen der Preis zu teuer ist“, so Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbands Nordrhein.
Das Problem bei den Schnelltests: Die Nachweise werden in vielen Teststellen weiterhin als PDF-Datei verschickt oder ausgedruckt. „Jeder, der sich informiert, wie PDF-Dateien nachträglich verändert werden können, kann das mit den Corona-Schnelltests tun“, erklärt Vladislav Mladenov, Experte der Ruhr-Universität Bochum für Netz- und Datensicherheit. So könnten Datum, Personendaten und auch das Testergebnis beliebig angepasst werden. Dafür seien weder eine spezielle Ausrüstung noch Fachwissen gefragt. „PDF-Dateien, in der Form wie sie aktuell für die Corona-Schnelltests verwendet werden, sind nicht fälschungssicher“, so Mladenov auf NRZ-Anfrage.
Zu einem ähnlichen Fazit kommt auch Stefan Eicker, Professor für Wirtschaftsinformatik und Softwaretechnik an der Universität Duisburg-Essen: „PDF-Dateien mit Corona-Zertifikaten sind nicht geschützt, und PDF-Dateien können auch gar nicht sicher vor Veränderung geschützt werden.“ Die notwendige Sicherheit werde durch den auf dem Testnachweis abgedruckten QR-Code erzielt. Als Zertifikat sei er durch gängige Sicherungsverfahren geschützt. Fälschungsversuche würden beim Auslesen des QR-Codes sofort auffallen.
Professor: QR-Code muss zwingend eingescannt werden
Scannt ein Restaurant-Mitarbeiter den QR-Code auf dem Zettel ein, öffnet sich die „CovPassCheck-App“. Falls der QR-Code nachträglich verändert wurde, zeige die App einen Lesefehler an. Ist der QR-Code unbearbeitet, müsse der Mitarbeiter lediglich die angezeigten Daten mit denen auf dem ausgedruckten Formular vergleichen. Das Problem sei deshalb nicht die Möglichkeit, den Nachweis als PDF-Datei oder in Papierform anzubieten. Sicherheitslücken entstünden erst dann, „wenn die in dem Prozess vorgegebene und zwingend erforderliche Prüfung des QR-Codes aus Zeitgründen nicht erfolgt“, erklärt Eicker. „Ohne dieses Lesen mit der App ist ein Prüfprozess prinzipiell ‚unnütz‘.“
In der Praxis würden aber vielfach nur die Daten des Testnachweises und dazu der Personalausweis zur Prüfung herangezogen. „Eines von vielen Beispielen sind die Check-Ins, die zurzeit an den Universitäten durchgeführt werden“, so der Professor für Softwaretechnik. „Denn auch dort ist die hohe Anzahl der Prüfungen schon bei dem auf Klartext-Daten (Anmerkung der Redaktion: Name, Adresse, Testergebnis usw.) und Personalausweis reduzierten Prüfprozess in der verfügbaren Zeit mit dem verfügbaren Personal schwer zu bewältigen.“ Trotzdem plädiert Eicker dafür, das Einscannen des QR-Codes überall dort verpflichtend vorzugeben, wo die Corona-Schutzverordnung die Vorlage eines Corona-Tests vorschreibt.
Kriminelle erwartet im schlimmsten Fall eine Freiheitsstrafe
„Fälschungen können grundsätzlich niemals komplett ausgeschlossen werden“, heißt es dazu aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG). Testergebnisse in Papierform abzuschaffen würde allerdings voraussetzen, dass alle zu Testenden digitale Geräte nutzen, so das Ministerium. „Da dies derzeit nicht der Fall ist, erübrigen sich entsprechende Überlegungen.“ Außerdem sei das Fälschen von Corona-Tests strafbar. „Von daher besteht eine große Schutzwirkung des Strafrechts.“
Kriminelle könnten je nach Fall mit bis zu zwei Jahren Freiheitsentzug oder einer Geldstrafe belangt werden. „Das BMG steht mit dem Justizministerium im Austausch, wie gesetzliche Regelungen in dieser Hinsicht nochmals klargestellt werden können“, schreibt das Bundesgesundheitsministerium. An der Universität Duisburg-Essen würden den Studierenden laut Eicker sogar eine Geldstrafe von 25.000 Euro sowie die Exmatrikulation drohen. Zudem sei auch ein Studium an anderer Stelle im Bologna-Bereich nicht mehr möglich.
Das NRW-Gesundheitsministerium schreibt auf NRZ-Anfrage: „Über mögliche Ambitionen zu Betrugsversuchen kann nur spekuliert werden.“ Dem Ministerium lägen keine konkreten Anhaltspunkte zu Betrugsversuchen vor. Kriminelle könnten sich jedoch sicher sein, dass jeder festgestellte Verstoß zur Anzeige gebracht werde.
>>> Für wen sind die Corona-Tests weiterhin gratis?
Die Corona-Schnelltests bleiben für Kinder bis zwölf Jahren kostenlos. Auch Jugendliche unter 18 Jahren müssen bis zum 31. Dezember nichts zahlen. Personen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können, müssen in der Teststelle einen entsprechenden Nachweis vorlegen und zahlen auch nichts.