Düsseldorf. Die Mallorca-Affäre der NRW-Umweltministerin weitet sich aus: Sagte auch eine Vertraute dem U-Ausschuss nicht die ganze Wahrheit?

Der Täuschungsvorwurf gegen NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) im Zusammenhang mit der Aufarbeitung der Flutkatastrophe weitet sich aus. Wie aus neuen Unterlagen hervorgeht, die unserer Redaktion vorliegen, steht nun auch Heinen-Essers Ministerbüro-Leiterin im Verdacht, den Untersuchungsausschuss über einen Mallorca-Aufenthalt der Ministerin in den Tagen nach dem Jahrhunderthochwasser getäuscht zu haben. Falschaussagen in dem gerichtsähnlichen Gremium können mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis fünf Jahren geahndet werden.

Heinen-Essers Büroleiterin hatte bei ihrer Zeugenvernehmung am 25. Februar den Eindruck erweckt, sie wisse nicht, ob und wann die Ministerin zurück in ihre Zweitwohnung nach Mallorca geflogen sei. Auf mehrfache Nachfrage des SPD-Abgeordneten Ralf Jäger sagte sie laut Vernehmungsprotokoll: „Ob sie noch mal Deutschland verlassen hat oder, oder, das müssen Sie Frau Heinen fragen.“ Als Jäger, der selbst sieben Jahre Innenminister des Landes war, ihr vorhielt, dass die Leiterin eines Ministerbüros Kenntnis darüber haben müsse, „wann die Ministerin anwesend ist und wann nicht“, antwortete diese: „Nein, das habe ich nicht, zumal sie am Freitag noch hier war; zur Sonderkabinettssitzung, meine ich.“

Die schnelle Rückreise nach Mallorca war im Ministerbüro bekannt

Aus einer E-Mail der Büroleiterin vom 15. Juli 2021 an das Terminreferat des Umweltministeriums, die am Mittwoch als Beweissache an den Untersuchungsausschuss übermittelt wurde, geht nun jedoch hervor, dass sie selbst in die Buchung der Flüge eingebunden war. Die übermittelten Start- und Landezeiten in Düsseldorf inklusive Buchungsbeleg der Airline machten hausintern klar, dass Heinen-Esser am 15. Juli nur für die vom damaligen Ministerpräsidenten Armin Laschet (CDU) am nächsten Vormittag anberaumte Sonderkabinettssitzung zur Flutkatastrophe nach Düsseldorf zurückkehren wollte, am 16. Juli nachmittags jedoch bereits wieder die Rückreise nach Palma de Mallorca antreten würde.

Heinen-Esser steht seit Tagen unter Druck und sieht sich Rücktrittsforderungen ausgesetzt. Die CDU-Politikerin hatte ihre schnelle Rückkehr auf die Ferieninsel kurz nach der größten Naturkatastrophe der Landesgeschichte in ihrer Vernehmung mit Betreuungspflichten begründet. Sie habe auf Mallorca noch die Rückreise ihrer 15-jährigen Tochter und deren gleichaltrigen Freundinnen organisieren müssen. Ihrem Mann sei das nicht zuzumuten gewesen. Von „vier Tagen“ war dabei die Rede. Anhand der Reisebuchungen und Flugdaten, die Heinen-Esser später schriftlich nachreichte, kam heraus, dass die Familie noch neun Tage auf Mallorca bis zum ursprünglich geplanten Urlaubsende blieb.

Der Untersuchungsausschuss wollte beim BKA nachforschen lassen

Wie unsere Redaktion zudem aus Kreisen des Untersuchungsausschusses erfuhr, übermittelte Heinen-Esser ihre tatsächlichen Reisedaten erst an den Untersuchungsausschuss, als ihr ein brisanter Beweisbeschluss drohte: Der Untersuchungsausschuss beantragte am 25. März in geheimer Sitzung beim Bundeskriminalamt die Herausgabe der Fluggastdatensätze der Ministerin. Seit den Terroranschlägen vom 11. September können die Sicherheitsbehörden Passagierlisten einsehen.