Berlin/Düsseldorf. Bundesregierung uneinig bei der Kontrolle von Fahrgästen in Zügen. NRW-SPD-Chef Kutschaty wirbt für “2G-Modell“ nach Vorbild Hamburg.
Sowohl in der Bundesregierung als auch in der NRW-Landespolitik ist die Frage, welche Privilegien Geimpfte, Genesene und Getestete genießen sollten, umstritten. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) fordern zum Beispiel die „3G-Regel“ in Zügen. Wer nicht geimpft, genesen oder getestet ist, dürfte dann nicht mitfahren. Am Montag protestierten gleich drei Bundesministerien gegen diese Pläne.
„Möglich und sinnvoll“ nennt Merkel laut Regierungssprecher Steffen Seibert „3G“ in Zügen. In Frankreich gelte diese Zugangsbeschränkung für Reisende bereits, Italien werde nachziehen.
Ministerien: "3G" in Zügen kaum kontrollierbar
Das Gesundheits-, das Innen- und das Verkehrsministerium widersprechen in einer Mitteilung an das Kanzleramt: "Die Einführung einer 3G-Regelung, die offensichtlich nicht oder jedenfalls nur sehr eingeschränkt kontrolliert und damit durchgesetzt werden kann, läuft ins Leere.“
Der öffentliche Nah- und Fernverkehr zeichne sich durch freien Zugang aus, so die Ministerien. Eine Kontrolle beim Einstieg sei wegen der kurzen Haltezeiten nicht praktikabel. Auch in den Zügen sei es unmöglich, alle Fahrgäste zu kontrollieren.
Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) hatte sich im „TV-Triell“ mit Annalena Baerbock (Grüne) und Armin Laschet für „3G“ in Zügen ausgesprochen und erklärt, die Fahrscheine würden ja auch kontrolliert. NRW-Ministerpräsident und Unions-Kanzlerkandidat Laschet zweifelt an der Kontrollierbarkeit der „3G-Regel“ in Bahnen.
SPD-Landeschef: "3G-Regel" strenger kontrollieren
NRW-SPD-Chef Thomas Kutschaty forderte am Montag angesichts steigender Infektionszahlen härtere Kontrollen der „3G-Regel“ in Restaurants und bei Veranstaltungen. Dort werde der Zugang in vielen Fällen nur oberflächlich kontrolliert. Der Politiker schlägt vor, dass Gastronomen und Veranstalter neben den Impfzertifikaten stets auch Personalausweise kontrollieren sollten, um die Identität der Kunden zu überprüfen.
Kutschaty ist außerdem dafür, in NRW die strengere „2G-Regel“ aus Hamburg einzuführen. In der Hansestadt gibt es ein Optionsmodell: Veranstalter und Wirte können sich für „3G“ oder „2G“ entscheiden. Im zweiten Fall dürfen nur Geimpfte und Genese in eine Kneipe, ins Kino oder ins Museum. NRW-Großstädte hatten dies am Wochenende ebenfalls gefordert, fingen sich aber eine Absage von NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) ein.
Das Hamburger „2G-Optionsmodell“ ist in der Stadt umstritten und spaltet die Veranstalter in zwei Lager. Gastronomen, die sich dafür entscheiden, nur Geimpfte und Genesene, aber keine Getesteten reinzulassen (2G) haben den Vorteil, dass für sie fast alle Corona-Auflagen wegfallen. NRW-SPD-Chef Thomas Kutschaty meint, es sei nicht die Aufgabe des Staates zu entscheiden, welches Modell genutzt werde.
Ethikrats-Vorsitzende: "2G" unter Umständen vertretbar
Die Chefin des Deutschen Ethikrats, Alena Buyx, kann sich vorstellen, dass „2G“ bei weiter steigenden Infektionszahlen vertretbar ist. Sie sagte in der ARD, „3G“ sei aus ethischer Sicht zwar besser, von Ungeimpften gehe aber ein großes gesundheitliches Risiko aus, vor allem für Kinder, die sich nicht impfen lassen können. (mit dpa)