Düsseldorf. Das NRW-Innenministerium hat das dritte Lagebild zur Clankriminalität im Ruhrgebiet vorgestellt. Mit einem neuen Erfolg.

Die Zahl der Straftaten mit Bezug zu kriminellen Clans in Nordrhein-Westfalen ist im vergangenen Jahr erstmals wieder rückläufig gewesen. Insgesamt verzeichnete die Polizei 5778 Delikte (2019: 6.104). Das geht aus dem dritten „Lagebild Clankriminalität“ hervorgeht, das am Montag in Essen präsentiert wurde.

Die Zahl der Tatverdächtigen ist derweil leicht auf 3826 Tatverdächtige gestiegen (2019: 3.779). Innenminister Herbert Reul (CDU) wies daraufhin, dass ein Großteil der Straftaten auf das Konto weniger besonders krimineller Clan-Mitglieder gehe. 4,5 Prozent der Tatverdächtigen begingen fast ein Viertel aller im Lagebild registrierten Straftaten (22,8 Prozent).

Vermögensabschöpfungen als "Wendepunkt"

Der Innenminister nannte das vergangene Jahr einen „Wendepunkt“ im Kampf gegen kriminelle türkisch-arabische Großfamilien. So sei es gelungen, 48 Verfahren mit Vermögensabschöpfungen von vier Millionen Euro erfolgreich zu führen. „Wir gehen den Clans zunehmend an die Existenz“, sagte Reul. 2020 konnten 36 Haftbefehle erlassen werden.

Insgesamt haben die Experten in den Polizeibehörden und beim Landeskriminalamt 112 kriminelle Großfamilien türkisch-arabischer Herkunft im Blick. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf dem Ruhrgebiet. Allein in Essen wurden im vergangenen Jahr 701 Straftaten mit Clan-Bezug registriert.

"Siko Ruhr" soll Vernetzung der Behörden verbessern

Das Landeskriminalamt hatte erstmals 2018 ein Lagebild zur Clankriminalität in NRW erstellt. Reul hatte damals die „Strategie der 1000 Nadelstiche“ ausgerufen und angekündigt, die Kreise der oft weitverzweigt in kriminellen Geschäften von Betrug bis Drogenhandel aktiven Großfamilien systematisch einzuengen. Am Montag bilanzierte das Innenministerium in gut drei Jahren mehr als 1.800 Razzien in über 4.500 Objekten, darunter Shisha-Bars und Wettbüros. Man habe mehr als 2400 Strafanzeigen gefertigt und rund 12.000 Verwarngelder verhängt. Im vergangenen Jahr wurde zudem die „Siko Ruhr“ eingerichtet, die verschiedene Behörden vernetzt und bestimmte Delikte wie Sozialbetrug schneller erkennen soll.

Anders als in den Vorjahren wurde das Lagebild nicht im Düsseldorfer Landeskriminalamt vorgestellt, sondern kurzfristig im Beisein von Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) in der Essener Polizeiinspektion Süd. Nach vier Jahren seiner Regierungsarbeit könne man erkennen, dass sich im Umgang mit den Clans „das Klima verändert hat“, bilanzierte Laschet. Die Frage, ob es sich bei der ungewöhnlichen Präsentation des Lagebildes um Wahlkampfhilfe für den unter Druck stehenden Kanzlerkandidaten der Union handele, verneinte er.