Düsseldorf. Die Piraten im NRW-Landtag fordern, Cannabis zu legalisieren. Mehrere Drogenexperten unterstützen ihren Antrag, der aber wohl aussichtslos bleibt.
Der Joint als legale Alternative zum Bier oder zur Zigarette? Im NRW-Landtag setzen sich die Piraten für eine Legalisierung von Cannabis-Produkten ein. Am Mittwoch berät der Rechtsausschuss mit Experten über den Antrag. Einer davon ist der Bremer Jurist und Psychologe Lorenz Böllinger. In einer vorab veröffentlichten Stellungnahme erklärt er, weshalb er die Forderung nach einer Legalisierung unterstützt.
Sein Hauptargument: Die bisherige auf Verbote und Strafen ausgerichtete Drogenpolitik habe versagt. Das macht Böllinger daran fest, dass die Zahl der Konsumenten illegaler Drogen trotz Strafverfolgung nicht rückläufig sei. Im Gegenteil: Die Zahl der Drogen-Verfahren vor deutschen Gerichten steigt laut Böllinger seit 2010 konstant an. Drogenkonsum sei "menschliches Normalverhalten": Mindestens fünf Prozent der Menschen in Westeuropa konsumierten regelmäßig Cannabis, sagt Böllinger und verweist auf Zahlen der europäischen Drogenbeobachtungsstelle in Lissabon.
Verfolgung von Drogendelikten kostet den Staat viel Geld
Zudem betont Böllinger, der sich als Mitglied des "Schildower Kreises" seit Jahren für eine umfassende Reform der Drogenpolitik einsetzt, dass die bisherige Drogenpolitik sehr kostspielig sei. Jährlich würden Milliarden für die Strafverfolgung ausgegeben, die seiner Ansicht nach sinnvoller in Prävention investiert werden könnten. Zudem verzichte der Staat auf potentielle Steuereinnahmen, aus legalem Handel mit Cannabis-Verkäufen.
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Cannabis, so argumentiert Böllinger weiter, sei weniger gefährlich für die Gesundheit der Konsumenten als Alkohol oder Nikotin. Nur etwa einer von 20 Konsumenten werde von Cannabis-Produkten abhängig. Was diesen Menschen helfe, seien nicht Verbote, sondern "sachgerechte präventive Beratung und Psychotherapie".
Legalisierung ermöglicht bessere Kontrolle
Eine Legalisierung von Cannabis gebe dem Staat zudem die Kontrolle über Reinheit und Verfügbarkeit der Drogen zurück, argumentiert Böllinger weiter. Die Verdrängung des Cannabis-Handels auf den Schwarzmarkt bewirke, dass Verbraucher keine Kontrolle über Wirkstoffgehalt und eventuelle Beimengungen anderer Substanzen hätten. Jugend- oder Verbraucherschutz sei auf dem Schwarzmarkt nicht möglich.
Böllinger beklagt zudem, dass das Gleichheitsprinzip des Grundgesetzes verletzt werde, wenn Cannabis-Konsumenten bestraft würden, Alkohol- oder Nikotin-Konsumenten aber straffrei davonkämen. Die Vollstreckung von Strafe sei das schärfste Mittel des Staates. Es für Drogenkonsum anzuwenden, der außer dem Konsumenten selbst niemandem schade, sei unverhältnismäßig gegenüber anderen Straftaten.
Legalisierungsbefürworter haben keine Mehrheit
In seinem Fazit hält Böllinger fest: "Der Staat darf die Bürger durch Drogenpolitik nicht schädigen." Seine Forderung: "Legalisierung und sacherechte Regulierung von Herstellung und Vertrieb" von Cannabis-Produkten.
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Ob Böllinger und die Piraten ihre Forderung durchsetzen können, ist aber mehr als fraglich. Die Grünen haben sich schon häufiger offen für Legalisierungsbemühungen gezeigt, doch die anderen Parteien tun sich damit schwer. Der Piraten-Antrag wird im Landtag also wohl kaum eine Mehrheit finden.
Weitere Experten-Stellungnahmen
Auch die Deutsche Polizeigewerkschaft hat eine Stellungnahme zum Antrag der Piraten verfasst. Darin äußert sie große Bedenken gegenüber einer Cannabis-Legalisierung, weil zu befürchten sei, dass der Drogenkonsum dadurch ansteige. Zudem bestehe die Gefahr, dass Jugendliche nach einer Legalisierung leichter an Cannabis-Produkte gelangen könnten. Die gesamte Stellungnahme lesen Sie hier:
Stellungnahme der DPolG
Der ehemalige Bundesrichter Wolfgang Neskovic geht in seiner Stellungnahme auf problematische Tabus in der Debatte um eine Cannabis-Legalisierung ein. Er prangert an, dass die Diskussion von Fehlinformationen geprägt sei und behauptet, die Drogenpolitik sei "besser und humaner", wenn "nicht nur Politiker sondern auch Medien und die Bevölkerung besser über die sogenannten illegalen Drogen und ihre pharmakologischen Auswirkungen informiert wären".
Stellungnahme von Neskovic
Der Leiter der Aachener Staatsanwaltschaft Helmut Hammerschlag hält eine Cannabis-Legalisierung für "unverantwortlich". In seiner Stellungnahme erklärt er, dass er die gesundheitliche Gefahren durch den Cannabis-Konsum für beachtlich hält. Auch der Behauptung, durch eine Cannabis-Legalisierung würde die Beschaffungskriminalität abnehmen, mag er keinen Glauben schenken.