Essen. Die Diskussion um gespeicherte EC-Daten hält an. Da stellt sich de Frage, wie gläsern Kunden sind, die mit dem „Plastikgeld“ zahlen..

Die Aufregung war groß, die Affäre um gespeicherte EC-Kundendaten schien gestern eine neue Dimension zu erreichen: Laut eines Berichts von NDR-Info soll eine Hamburger Tochterfirma der Ratinger Easycash GmbH EC-Karten-Daten von bis zu 14 Millionen Verbrauchern mit denen von Rabattkarten-Systemen verknüpft und Handelsunternehmen zum Kauf angeboten haben.

Doch nach einem Kontrollbesuch gab Hamburgs Datenschutzbeauftragter Prof. Johannes Caspar Entwarnung: Der Verdacht habe sich nicht bestätigt, es gebe keine Hinweise auf eine Verknüpfung. Das Unternehmen habe zwar Überlegungen in diese Richtung angestellt, sie aber nicht umgesetzt. „Es stimmt aber nachdenklich, dass solche Ideen existieren“, sagte Caspar. Da stellt sich die Frage, wie gläsern Kunden schon jetzt sind, wenn sie mit einer EC-Karte zahlen. Derwesten beantwortet die wichtigsten Fragen.

Wie kann ein Kundenprofil entstehen?

Theoretisch dann, wenn mit einer EC-Karte gezahlt wird. Der samstägliche Wocheneinkauf im Supermarkt, danach der Stadtbummel mit einem Schnäppchen im Modehaus, schließlich ein Stück Kuchen und ein Cappuccino im Café – wer dabei immer Plastikgeld zückt, verrät Daten über Ort, Uhrzeit, Betrag. Davon unabhängig ist zunächst die Datensammlung der Bonuspunkte-Systeme. „Wenn ein Unternehmen einerseits gespeicherte EC-Karten-Datensätze kauft und einen zweiten von einem Rabattkarten-Anbieter, kann man damit ein Profil zusammenstellen”, so Jens Ferner, Fachanwalt für Datenschutz.

Plötzlich würden Rückschlüsse auf das Leben der Kunden möglich. Anhand des Kaufs von Babynahrung wäre beinahe monatsgenau abzulesen, wie alt ein Kind ist. So lässt sich womöglich auch auf den sozialen Status von Kunden schließen.

Wer hat Interesse an ­solchen Kundenprofilen?

Gläserne Kunden sind für Handelsunternehmen interessant, sagt Thilo Weichert, Datenschutzbeauftragter von Schleswig-Holstein. So können Werbemaßnahmen ganz gezielt auf die Kunden aus­gerichtet werden, um sie vielleicht zu Käufen zu animieren, die sie gar nicht beabsichtigt hatten.

Gibt es auch gute Gründe für die Speicherung von ­EC-Kartendaten?

Ja. Platzt ein Bezahlvorgang im Lastschriftverfahren (mit Unterschrift), landet der Kunde in einer Sperrkartei. Diese Speicherung ist den Datenschützern auch bekannt. Man kann aber auch möglichem Missbrauch der EC-Karte auf die Spur kommen. „Nutzt ein Verbraucher seine Karte in einer Woche für durchschnittliche Ausgaben in Höhe von 60 Euro und dieser Betrag explodiert auf vielleicht 1000 Euro in einer Stunde, könnte dies ein Hinweis auf einen Missbrauch sein”, so Ferner.

Wo werden noch Daten gespeichert und eventuell ausgewertet?

Grundsätzlich überall dort, wo Magnetstreifen oder PIN-Codes eingesetzt werden, so Weichert. Wer in der Firmen-Kantine mit seiner Personalkarte zahlt, gibt möglicher­weise dem Arbeitgeber seine Essgewohnheiten preis. Die Reihe lässt sich beinahe beliebig fortführen: Kundenkarten, sei es vom Bekleidungshaus oder von der Fitnesskette. Auch durch ihre Benutzung können Verbrauchergewohnheiten herausgelesen werden.

Wie können Verbraucher herausfinden, ob ihre Daten bei Easycash – oder einem der anderen Anbieter – gespeichert sind?

Kunden können Auskunft über Daten verlangen, so Thilo Weichert. Grundlage ist Paragraf 34 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) „Auskunft an den Betroffenen”. Dort heißt es unter anderem: „Die verantwortliche Stelle hat dem Betroffenen auf Verlangen Auskunft zu erteilen über 1. die zu seiner Person gespeicherten Daten... 2. den Empfänger oder die Kategorien von Empfängern, an die Daten weitergegeben werden“ und „3. den Zweck der Speicherung“. Für die Auskunft reichen EC-Kartennummer und Kontonummer. Auch ein Antrag auf Sperrung oder Löschung der Daten ist laut Weichert möglich. Der Datenschützer: „Es gibt keine Veranlassung für die Speicherung.”

Wie sieht der gesetzliche Rahmen für Speicherung von Kundendaten aus?

Paragraf 28 des Bundesdatenschutzgesetzes „Datenerhebung und -speicherung für eigene Geschäftszwecke” regelt diese Problematik im Grundsatz. Dort ist auch das sogenannte „Scoring” ­geregelt, also die Ermittlung eines Wahrscheinlichkeitswerts für ein bestimmtes zukünftiges Verhalten eines Betroffenen – sprich: eines ­Kunden. Für die Umsetzung des BDSG sind die Bundes­länder verantwortlich.

Sollte man künftig nur noch mit Bargeld zahlen?

Fachanwalt Ferner rät generell zu einer bewussten Nutzung der EC-Karten. Daten seien ein Wirtschaftsgut, im Grunde sei ein Fall wie bei Easycash fast vorhersehbar gewesen. Wer mit Bargeld zahle, habe mehr Kontrolle über seine Ausgaben und damit vielleicht auch mehr Kontrolle über sein eigenes Leben.