Tel Aviv/Gaza. Die Hoffnungen auf eine Waffenruhe im Gaza-Konflikt haben sich vorerst zerschlagen: Zwar folgte Israel am Dienstag zunächst einer Friedensinitiative Ägyptens und verkündete eine einseitige Feuerpause. Doch militante Palästinenser schossen auch danach rund 50 Raketen auf Ortschaften in Israel ab. Am Nachmittag nahmen dann auch die israelischen Streitkräfte ihre Luftangriffe auf Stellungen der Hamas im Gazastreifen wieder auf.

Ägypten hat einen Vorschlag über eine Waffenruhe in Nahost vorgelegt. Das israelische Sicherheitskabinett akzeptierte ihn am Dienstagmorgen, die radikal-islamische Hamas äußerte jedoch Vorbehalte. Die Raketenangriffe aus dem Gazastreifen gingen am Dienstag weiter, Israels Armee schlug daraufhin am Nachmittag wieder los. Wie geht es jetzt weiter?

Wie stehen die Chancen für eine Umsetzung der ägyptischen Vorschläge?

Die militanten Palästinenser im Gazastreifen schießen auch nach Verkündung der Feuerpause weiter Raketen. Israel schlägt daraufhin zurück, alle Bemühungen scheinen wieder am Anfang angelangt zu sein. Es ist mit einer weiteren Eskalation der Gewalt zu rechnen. Auch bei früheren Runden der Gewalt sind Vereinbarungen über eine Feuerpause allerdings nicht sofort, sondern nur schrittweise umgesetzt worden. Letztlich gilt eine Waffenruhe nur als eine Frage der Zeit. Offen ist aber, wie viele Menschen auf dem Weg dahin noch sterben müssen.

Warum schießt die Hamas trotz Verkündung einer Waffenruhe weiter?

Die radikal-islamische Organisation fühlt sich bei den Verhandlungen mit Ägypten übergangen. Ihre Vertreter betonen, sie seien nicht konsultiert worden. Das Verhältnis der Hamas zur neuen Führung in Ägypten gilt als schlecht. Die Hamas fürchtet, ihre durch die internationale Isolation ohnehin geschwächte Machtbasis im Gazastreifen könnte weiter bröckeln. Sie setzt daher zunächst auf eine Fortsetzung des bewaffneten Widerstands gegen Israel - in der Hoffnung, ihre Popularität unter den Palästinensern zu steigern.

Welche Vorteile könnte der ägyptische Vorschlag für die beteiligten Konfliktparteien bringen?

Eine der zentralen Forderungen der Hamas, ein Ende der Blockade des Gazastreifens, wird zumindest teilweise erfüllt. Die Grenzübergänge des Palästinensergebiets sollen für Personen und Güter geöffnet werden, wenn die Sicherheitslage sich stabilisiert hat. Dafür müsste die Hamas jedoch aufhören, Raketen zu schießen. Israel hatte ohnehin nur eine zentrale Bedingung für ein Ende der Kämpfe genannt: Einen vollständigen Stopp der Raketenangriffe auf seine Ortschaften und eine Wiederherstellung der Ruhe. Diese Forderung wäre mit einer Einhaltung der Waffenruhe durch die Palästinenser erfüllt.

Warum gibt es auf der Seite der Palästinenser so viele Tote, in Israel jedoch bislang gar keine?

Der schmale Gazastreifen ist ein sehr dicht besiedeltes Gebiet. Die von Israels Luftwaffe angestrebten "chirurgischen Schläge" gegen militante Palästinenser sind deshalb fast unmöglich, immer wieder kommen Unschuldige ums Leben. Die Kämpfer der Hamas agieren häufig aus Wohngebieten heraus. Israel wirft ihnen vor, die eigene Bevölkerung als "menschliche Schutzschilde" zu missbrauchen. Auf der israelischen Seite haben das Raketenabwehrsystem "Eisenkuppel" sowie Warn- und Schutzmaßnahmen für die Bevölkerung viele Opfer bei Raketenangriffen aus dem Gazastreifen verhindert.

Warum strebt Israel nicht die vollständige Zerschlagung der Hamas an?

Israel will die Hamas nach Einschätzung von Beobachtern als Ordnungsmacht und "klare Anschrift" im Gazastreifen behalten. Es gibt Warnungen, andernfalls könnten dort noch radikalere Gruppen an die Macht kommen. Nach früheren Waffenruhe-Vereinbarungen hat die Hamas zumindest zeitweilig für Ruhe gesorgt und gewaltbereitere Gruppierungen im Zaum gehalten. (dpa)