Berlin.. Bundesverteidigungsministerin von der Leyen stellt die Truppe neu auf. In Zukunft rückt wieder der Verteidigungsfall in den Mittelpunkt. Wie soll die Bundeswehr sich vorbereiten?

Im Mai 2010 trat der damalige Bundespräsident Horst Köhler zurück, weil viele an seiner Aussage Anstoß genommen hatten, dass die Bundeswehr auch eingesetzt werden solle, um im Notfall freie Handelswege und Wirtschaftsinteressen, zu verteidigen.

Dass dies längst im „Weißbuch“ des Verteidigungsministeriums festgeschrieben war, blieb damals nahezu unbemerkt. Vielleicht erklärt diese Erfahrung, warum die heutige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) das neue „Weißbuch“ öffentlich in Angriff nimmt.

„Große Show für Aufrüstung“

Am Dienstag gab die Ministerin auf einem Kongress in Berlin den Startschuss dazu. Ihre erste Ansage – „Keine Tabus“ – ließ die Opposition Schlimmes befürchten: eine „große Show für Ausrüstung“ (Linkspartei) und eine Selbstinszenierung als „Tabubrecherin“ (Die Grünen).

Das gültige „Weißbuch“, in dem niedergeschrieben ist, wofür die Bundeswehr steht und wohin sie will, stammt aus dem Jahr 2006. Seither hat sich viel verändert: der Wandel in der arabischen Welt und der Aufstieg der Terrorgruppe „Islamischer Staat“. Und natürlich wird das Verhältnis zu Russland im Zuge der Ukraine-Krise auf eine neue Grundlage gestellt.

Mehr Verantwortung, mehr Kosten

In den letzten zehn Jahren stand der Einsatz in Afghanistan im Vordergrund. Die Bundeswehr sollte leicht, flexibel und schnell verlegbar sein. Künftig rückt wieder der Verteidigungsfall in den Mittelpunkt. Deutschland gilt als das Rückgrat der Nato in Europa – geografisch, politisch, militärisch und vor allem: finanziell.

Von der Leyen sieht auf die Deutschen mehr Verantwortung und Kosten zukommen. Eine Führungsrolle. Sie will zwar „aus der Mitte“ führen, „wir machen uns nicht größer als wir sind“. Aber ein Experte wie der Brite Robin Christian Howard Niblett, Direktor des Instituts Chatham House, sprach gestern von Deutschland als einer „mittleren Großmacht“. So wird sich die Bundesregierung im künftigen „Weißbuch“ gewiss nicht selbst bezeichnen. Aber die Rolle wird ihr zunehmend aufgedrängt.