Düsseldorf. Die Gefängnisse sind voll, aber für die Isolation von Infizierten wird Platz benötigt. Darum kommen einige Gefangene “vorübergehend“ frei.
Weil die Gefängnisse in Nordrhein-Westfalen voll sind und in der Corona-Krise dort dringend Platz für Quarantänezonen benötigt wird, will die Landesregierung bestimmte Gefangene vorzeitig freilassen. NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) sagte am Mittwoch, es würden insgesamt 1000 freie Zellen benötigt, um die Ansteckungsgefahren zu verringern. Derzeit sei kein Gefangener mit dem Virus infiziert. Das könne sich aber schnell ändern.
„Wenn Gefangene erkranken und in Quarantäne müssen, dann brauchen wir Platz“, erklärte Biesenbach. Einzelzellen, Abteilungen, gegebenenfalls sogar ganze Hafthäuser müssten dann zur Isolation von Infizierten zur Verfügung stehen. Für die Quarantäne und eine mögliche Intensivbehandlung benötige man 1000 von 16.000 Zellen. Die Platznot in den Haftanstalten ist bekannt lich groß.
"Es gibt keinen Corona-Rabatt für Gefangene"
Biesenbach versicherte, es gebe „keinen Corona-Rabatt“ für die Gefangenen. Es gehe nur um eine Unterbrechung oder um einen Aufschub der Haft. Mit Entlassung rechnen könnten nur Häftlinge, die eine Ersatzfreiheitsstrafe wegen nicht gezahlter Geldstrafen absitzen, zum Beispiel notorische Schwarzfahrer, oder solche, die ohnehin bis Ende Juli entlassen werden sollen.
Schwerverbrecher, Sexualstraftäter und Abschiebe-Häftlinge kommen laut Biesenbach nicht für eine vorübergehende Freilassung in Frage. Es würde auch niemand in die Obdachlosigkeit oder in größte soziale Not entlassen, so der Minister. „Sie müssen eine Wohnung haben, und der Lebensunterhalt muss sicher gestellt sein.“
Keine Milde für Schwerverbrecher und Sexualstraftäter
Es sei auch möglich, dass Straftäter, die zu einer Haft verurteilt wurden und diese noch nicht angetreten haben, erst später ins Gefängnis müssten. Schwerverbrecher und Sexualstraftäter bekommen diese Erleichterung allerdings nicht, betonte die Landesregierung.
Die Gefangenen in den NRW-Haftanstalten seien wie alle anderen Bürger wegen der Krise stark verunsichert, akzeptierten die Schutzmaßnahmen und verhielten sich in der Regel „ruhig und umgänglich“, so Biesenbach.
Besuche in den Gefängnissen nur noch in Ausnahmefällen
Von Gefängnis-Unruhen, wie sie aus anderen Staaten gemeldet werden, könne in NRW keine Rede sein. Die Häftlinge müssten aufgrund der Ansteckungsgefahren allerdings einige Härten ertragen. So wurde der Besuchsverkehr in den Gefängnissen stark eingeschränkt. Nur ausnahmsweise sind noch Besuche möglich, zum Beispiel von Rechtsanwälten oder von Angehörigen eines Suizidgefährdeten.
Um die Folgen der Besuchsverbote abzumildern, sind nun mehr Telefonate und Gespräche über Skype gestattet. Im offenen Vollzug wurde jetzt die Nutzung von Mobiltelefonen stundenweise zugelassen, sagte Biesenbach.
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