Berlin. Die Grünen drängen zur Eile bei der Einführung neuer Geschwindigkeitslimits. Einem Verband gehen auch Tempo 30-Zonen nicht weit genug.



Jedes Kind kennt die eindringlichen Ermahnungen der Eltern zum Überqueren von Straßen. Höchste Aufmerksamkeit und Vorsicht sind gefragt. Die Unfallgefahr ist latent und hoch. Besonders gefährdet sind aber auch Senioren und jene, die durch Krankheiten beeinträchtigt sind.

Um die Sicherheit im Straßenverkehr zu erhöhen und die Zahl der Unfälle bundesweit einzudämmen, soll es künftig für Städte und Gemeinden einfacher werden, Tempo-30-Zonen vor Schulen, Kindergärten, Krankenhäusern oder Seniorenheimen auch auf großen Straßen einzurichten. Bislang dürfen Hauptverkehrsstraßen von den Straßenverkehrsbehörden nicht in die innerstädtischen Tempo-30-Zonen einbezogen werden, sondern darauf allenfalls die Fahrgeschwindigkeiten eingeschränkt werden.

Neue StVO in der Abstimmung

Auch dafür sind die Voraussetzungen bislang jedoch hoch. Es muss nachgewiesen werden, dass auf dem Streckenabschnitt eine besondere Gefahrenlage für Leib, Leben und Gesundheit vorliegt oder dort ein Unfallschwerpunkt liegt. Doch diese hohen bürokratischen Hürden sollen nun für Hauptverkehrsstraßen abgesenkt werden. Diese Neuregelungen sieht der Entwurf für eine Änderung der Straßenverkehrsordnung (StVO) vor, die das Bundesverkehrsministerium erarbeitet hat. Die Vorlage befindet sich derzeit noch in der Anhörung von Ländern und Verbänden. Bevor die Novelle in Kraft treten kann, müssen ihr die Länder im Bundesrat zustimmen, sagte ein Ministeriumssprecher. Der Bundestag muss nicht zustimmen.

Die Verkehrsminister der Länder machen sich bereits seit Längerem für mehr Tempo-30-Zonen stark. Argument: Sie dienen nicht nur der Verkehrsberuhigung, sondern vor allem auch der Unfallvermeidung in den Städten durch kürzere Bremswege und eine besseren Wahrnehmung anderer Verkehrsteilnehmer wie Radfahrer oder Fußgänger.

Grünen-Fraktionschef hält Korrektur für überfällig

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter fordert eine schnelle Umsetzung der Pläne. Die Korrektur der Straßenverkehrsordnung sei seit Langem überfällig. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) solle „unnötige, hohe bürokratische Hürden abbauen“, sagte Hofreiter unserer Redaktion. Der Grüne fordert für Länder und Kommunen freie Hand, um schnell und pragmatisch Gefahrenstellen zu beheben. „Verkehrssicherheit sollte für Alexander Dobrindt eine deutlich höhere Priorität haben, nicht eine ausländerfeindliche, rechtswidrige Maut oder Flüchtlingspolitik.“

Dem Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) geht die Novelle unterdessen noch nicht weit genug, er hält sie für unzureichend. Der Vorstand Jens Schütte fordert: „Tempo 30 muss Regelgeschwindigkeit in den Städten sein – und nur Hauptverkehrsstraßen können davon befreit werden.“ Kinder und Senioren „haben auf allen ihren Wegen das Recht, vor schnellem Kfz-Verkehr geschützt zu werden“.

Einige Änderungen für Radfahrer

Darüber hinaus sieht die Novelle aber auch Neuregelungen für Fahrradfahrer vor. So sollen Kinder unter zehn Jahren in Zukunft auch in Begleitung einer Aufsichtsperson, die über 16 Jahre alt sein muss, gemeinsam auf Gehwegen fahren dürfen. Bislang ist nur erlaubt, dass die Kleinen auf dem Bürgersteig fahren, während ihre Begleiter auf der Straße radeln mussten. Dies erschwert den Sichtkontakt deutlich und führt immer wieder zu gefährlichen Situationen. Allerdings müssen beide natürlich weiter Rücksicht auf die Fußgänger nehmen, heißt es in dem Entwurf. Kinder unter acht müssen wie bisher grundsätzlich die Bürgersteige nutzen.

Auch für Elektrofahrräder gibt es Neuerungen. Bislang mussten E-Biker die Straße nutzen. Künftig sollen Fahrräder mit Elektroantrieben, die maximal 25 Stundenkilometer schnell sind, innerhalb von Ortschaften auch Fahrradwege nutzen dürfen. Diese sollen mit einem neuen Schild „E-Bikes-frei“ gekennzeichnet werden. Außerorts dürfen die Radwege dann generell von E-Bikes genutzt werden können. Von dieser Regel ausgenommen sind nur alle sogenannten S-Pedelecs, die deutlich schneller als 25 km/h fahren können. Grundsätzlich will das Bundesverkehrsministerium die neue E-Mobilität fördern, da diese Räder vor allem im ländlichen Raum und bei älteren Radfahrern zunehmend beliebter werden.

Rettungsgasse wird festgelegt

Eine Konkretisierung sieht die Novelle auch für Autofahrer vor. Bei Einsätzen von Rettungswagen sowie Polizei- und Hilfsfahrzeugen auf Autobahnen und Straßen mit mindestens zwei Fahrbahnen muss künftig eine freie Gasse zwischen dem äußersten linken und dem unmittelbar rechts daneben liegenden Fahrstreifen gebildet werden.