Berlin. So weiblich wie derzeit war die Spitzenpolitik hierzulande noch nie. Vier Ministerpräsidentinnen und Bundeskanzlerin Merkel sind Beleg dafür. Mit den Frauen komme ein anderer Stil in die Politik, sagen Forscher. Doch gemeinsame Sache machen die Spitzenfrauen nicht.

Vier Landesmütter und eine Kanzlerin: Die Spitzenpolitik in Deutschland war noch nie so weiblich wie heute. Mit den Frauen kommt ein anderer Stil in die Politik, glauben Forscher. Doch an einem Strang ziehen die Spitzenfrauen deswegen noch lange nicht. Der Streit um die Frauenquote zeigt es: In Angela Merkels Kabinett liegen Sozialministerin und Frauenministerin im Dauerzwist – und die Justizministerin will grundsätzlich keine Quote.

„Es wäre schön, wenn Frauen in der Spitzenpolitik mehr an einem Strang ziehen würden“, sagte Elke Holst, frauenpolitische Expertin am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) vor dem heutigen Internationalen Frauentag unserer Zeitung. Etwa bei der Quote. „Aber Frauen müssen nicht immer in eine Richtung gehen.“ Viele starke Frauen, viele starke Positionen. „Das ist bei Frauen nicht anders als bei Männern.“ Dennoch: „Es ist ärgerlich, dass Ursula von der Leyen und Kristina Schröder sich so als Gegenfiguren aufbauen – aber auch aufgebaut werden“, kritisiert auch Ute Klammer von der Uni Duisburg-Essen. „Die Männer reiben sich doch die Hände und lachen sich ins Fäustchen.“

Landeschefinnen wirken oft glaubhafter und weniger eitel

In Umfragen landen Angela Merkel und Hannelore Kraft regelmäßig auf den vordersten Plätzen. Auch Malu Dreyer (SPD) in Rheinland-Pfalz, Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) im Saarland und Christine Lieberknecht (CDU) in Thüringen sind als Landeschefinnen über die Parteigrenzen hinweg beliebt. Sie wirken oft weniger eitel, glaubhafter und näher dran am Leben ihrer Wähler als die Alphamänner der Politik.

Kommt mit den Frauen also mehr Alltagswelt in die Politik? „Menschen machen sicherlich ei­ne etwas andere Politik, wenn sie wissen, wie es ist, neben der Erwerbstätigkeit sich um Kinder, Kranke oder alte Menschen kümmern zu müssen, ohne dass jemand einem zu Hause den Rücken dafür freihält“, so Holst.

Ute Klammer hat die Gleichstellungskommission der Regierung geleitet und hofft auf einen Stilwechsel durch die Spitzenfrauen: „Ich glaube nicht, dass Politikerinnen alles ganz anders machen.“ Sie seien weniger selbstdarstellerisch und eher sachorientiert. Aber trotz des Vordringens der Frauen in die Spitzenpolitik bleiben sie in vielen Bereichen weiterhin benachteiligt.