Berlin.. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat das am Wochenende bekannt gewordene Rentenkonzept der SPD begrüßt und einen parteiübergreifenden Konsens angeregt. „Es ist gut, dass die SPD die Gerechtigkeitslücke mit ähnlichen Mitteln angehen will“, sagte sie. Trotz der Kritik aus den eigenen Reihen an der Zuschussrente gibt die Ministerin nicht nach.

Es gäbe einen einfachen Weg, den Streit um die „Zuschussrente“ zu lösen. Selbst die härtesten Kritiker von Sozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) in der Jungen Union hätten keine Einwände, wenn der Zuschuss bloß nicht aus Beiträgen, sondern aus Steuergeldern finanziert wird. Es wird viel taktiert in diesen Tagen in der Union.

Fakt ist: Am Wochenende meldete sich Wolfgang Schäuble (CDU) zu Wort. Der Finanzminister gab zu bedenken, dass die Vorschläge schon „rein zeitlich weit jenseits unserer langfristigen finanzpolitischen Planungen“ seien. Der Staat steuere („mal als Hinweis“) als Zuschuss schon über 80 Milliarden Euro zur Rentenkasse bei. Und: Die Aussage, dass Altersarmut drohe, „sei verkürzt“. Kein Mensch wisse, wie hoch die Löhne in 20 Jahren sein würden.

Schäubles Einwände bei der Rente

Sein Interview mit der „Bild“ muss die Sozialministerin enttäuschen. Erstens ist Schäuble der Kassenwart. Zweitens harmonierte sie bislang gut mit ihm. Auf Schäuble war Verlass. Nach Kanzlerin Angela Merkel, nach Fraktionschef Volker Kauder und nach CSU-Chef Horst Seehofer ist er der vierte wichtige Gegenspieler, ganz zu schweigen vom Koalitionspartner, von der FDP.

Drittens hat Schäubles Einwand Gewicht – auch in der Sache. Das Einkommen der Ruheständler über einen langen Zeitraum vorauszusagen, ist nicht einfach. Es gibt 800 000 Rentner, die einer geringfügigen Beschäftigung nachgehen. 16 Millionen Leute haben Riester-Renten abgeschlossen. Die Union verweist auf weitere Faktoren: Auf die Hinterbliebenen-Versorgung, die Betriebsrenten, die Rente mit 67.

Diesen Kampf will von der Leyen durchstehen

Und doch lässt sich die Debatte nicht aufhalten. Die Union will etwas anbieten, einerseits. Andererseits: Merkel hat mit Euro-Krise und Sparpolitik andere Prioritäten. Die Union legt der Ministerin einen kleineren Eingriff ins Rentensystem nahe. Sie soll die Kindererziehungszeiten stärker bei der Rente berücksichtigen. Das kostet nicht viel Geld, und würde einer Risikogruppe der Altersarmut helfen.

Doch die Ministerin hat sich auf die „Zuschussrente“ fokussiert. So isoliert sie sein mag – diesen Kampf will sie durchstehen. Für sie bleibt es dabei, dass viele Niedrigverdiener nach 40, 45 Beitragsjahren ein hohes Risiko haben, in der Grundsicherung zu landen. Darum ihre Idee einer Zuschussrente.

Merkel drückt auf die Bremse

Seit Monaten verfolgt sie ihre Pläne mit Beharrlichkeit. Dem Kanzleramt blieben sie nicht verborgen. Merkel dämpfte beim letzten Kabinettsfrühstück die Erwartungen. Sie habe ja bis zum Wochenende gedacht, „das ist eine gute Sache“, so Merkel. Aber: „Je besser ich die Zahlen kenne, desto stärker wachsen meine Zweifel.“

Mit der Indiskretion konfrontiert, antwortete von der Leyen: „Wer dabei war, kennt auch den Rest des Gespräches. Die Zahlen stimmen.“ Das lässt nur den Schluss zu: Sie kämpft, mit oder ohne Merkel. Bis Oktober will sie eine Entscheidung herbeiführen. Das erregt Unmut. „Ursula von der Leyen wird wissen, dass wir als Fraktion in den seltensten Fällen bereit sind, uns Fristen von Ministern setzen zu lassen“, sagte der Fraktionsmanager der Union, Michael Grosse-Brömer.

Neue Verbündete findet von der Leyen bei der SPD

Von der Leyen fand neue Verbündete: In der SPD. Die Oppositionspartei will heute ein Rentenkonzept vorlegen. Auch sie schlägt eine Mindest- oder „Garantierente“ von 850 Euro im Monat vor. „Es ist gut, dass die SPD die Gerechtigkeitslücke mit ähnlichen Mitteln angehen will“, lobte von der Leyen. Rente sei immer in einem gesellschaftlichen Konsens bearbeitet worden, „das werden wir auch diesmal“.

Es wäre vor allem nicht das erste Mal, dass sie mit den Sozialdemokraten Bande spielen würde. Die Parallelen zur ihrer Initiative aus dem Jahr 2007 für den Kita-Ausbau sind verblüffend. Damals wie heute ging sie auf eigenes Risiko und mit zwei Verbündeten vor. Zum einen die Realität, das Problem ließ sich nicht leugnen, die Lösung gefiel den Bürgern, zum anderen die SPD. Anders als damals kann sie mit den Sozialdemokraten, die nicht mehr im Kabinett sitzen, aber nur informell eine große Koalition eingehen