Brüssel. Braucht Europa ein gemeinsames Verkehrskonzept für Innenstädte? Die EU-Kommission prüft bestehende Konzepte wie die Umweltplaketten. Skeptiker fürchten ein Tempolimit für Innenstädte oder eine verdeckte Einführung der City-Maut.

In der Europäischen Union ist der Streit über die richtigen Verkehrskonzepte für Innenstädte neu entbrannt. Auslöser ist ein Aktionsplan von EU-Kommissar Antonio Tajani. Zwar verzichtet der Italiener auf Gesetze oder Auflagen und beschränkt sich stattdessen auf Anregungen. Trotzdem löst der Vorstoß Proteste aus, weil er einige Reizthemen anspricht.

Plaketten auf dem Prüfstand

So kündigt die EU-Behörde an, sie wolle sich einmal genauer ansehen, wer mit welcher Plakette in welchen Umweltzonen unterwegs sein darf. Da die Zugangsregeln von Region zu Region unterschiedlich seien, behalten sich die EU-Beamten vor, über „weitere Maßnahmen“ nachzudenken. Zudem will die EU-Kommission die verschiedenen Modelle für Straßengebühren in den Innenstädten, wie sie in einigen Städten in Großbritannien, in den Niederlanden und Skandinavien verlangt werden, unter die Lupe nehmen.

Die EU-Kommission prüft Verkehrskonzepte - wie die Feinstaub-Plakette.
Die EU-Kommission prüft Verkehrskonzepte - wie die Feinstaub-Plakette. © imago stock&people | imago stock&people





Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber wittert dahinter den Versuch, „die City-Maut durch die Hintertür“ einzuführen. Im Aktionsplan werden zwar lediglich Studien vorgeschlagen. Doch die, so argwöhnt Ferber, „können auch schnell in ein europäisches Gesetzgebungsverfahren münden“.

Tempolimit für Innenstädte?

Der EU-Parlamentarier ist nicht der einzige, der Alarm schlägt. Bereits seit Wochen warnen deutsche Wirtschaftsverbände vor der Einmischung der EU in die kommunale Verkehrsplanung, weil sie um die Erreichbarkeit der Geschäfte und die Mobilität von Zulieferern und Handwerkern bangen. Die Beteuerungen von EU-Kommissar Tajani, Brüssel wolle den Kommunen nichts aufzwingen, treffen deshalb in Handel und Industrie auf Skepsis.

Der EU-Aktionsplan, der neben den Studien über Citymaut und Umweltzonen auch Initiativen für bessere Verkehrsinformationen, umfassendere Passagierrechte und intelligente Transportsysteme empfiehlt, stößt allerdings auch auf der ganz anderen Seite auf Kritik: Die Grünen beschweren sich, dass die EU-Kommission viel zu verzagt vorgehe. Verkehrssprecher Michael Cramer erinnert an die alte Forderung seiner Fraktion nach einem generellen Tempolimit für Innenstädte von 30 km/h – mit Ausnahmen für bestimmte Straßen.