Paris. Der Sozialist François Hollande, der im Rennen um das Präsidentenamt in Frankreich zurzeit am aussichtsreichsten ist, hält sich mit Wahlversprechen zurück. Er will zunächst die zerrütteten Staatsfinanzen wieder in Ordnung bringen.

„Ich verspreche nur das, was ich halten kann.“ Der Sozialist François Hollande, derzeit aussichtsreichster Bewerber um das Präsidentenamt in Frankreich und leidenschaftlicher Fußballfan, hält den Ball betont flach. Obwohl seine Umfragewerte nach einer kurzen Delle wieder in die Höhe schnellen, hält er sich in punkto Wahlversprechen demonstrativ zurück. Ein nüchterner Stil, der zu dem „Abgeordneten aus Corrèze, dem Bodenständigen, passt.

Das Hauptquartier für seine Kampagne hat Hollande im schicken VII. Arrondissement aufgeschlagen. Seine Pressekonferenz hingegen hält er symbolisch im XI. Bezirk von Paris ab, einem alten Arbeiterviertel. Doch Hollande weiß, dass auch diese Präsidentenwahl in der Mitte gewonnen wird und nicht im linken Milieu. Wie schon bei den Vorwahlen gibt sich Hollande nicht klassenkämpferisch, sondern betont patriotisch. Seine Farbe ist dasselbe kraftvolle Blau wie das der Trikolore. „Ich will Frankreich wieder aufrichten und die Franzosen versammeln“, sagt der 57-Jährige.

Nicolas Sarkozy lässt reichlich Baustellen zurück

Baustellen hat Amtsinhaber Nicolas Sarkozy in den letzten fünf Jahren reichlich zurückgelassen. Vorrang habe nun die Reparatur der zerrütteten Staatsfinanzen, sagt Hollande, der zugleich den für die „Grande Nation“ so schmachvollen Verlust der Top-Bonität wieder rückgängig machen will. Schon im nächsten Jahr werde er die Neuverschuldung von jetzt 4,5 auf 3 Prozent drücken, bis 2017 strebt er - erstmals seit 1974 - gar ein ausgeglichenes Budget an.

Sein zweiter Schwerpunkt ist die Beschäftigung. Angesichts der rapide gestiegenen Arbeitslosigkeit (Quote: 10 %; 3 Mio ohne Arbeit) bei gleichzeitig gesunkener Wettbewerbsfähigkeit will der Kandidat einen „Generationenvertrag“ auflegen, der 150 000 junge Menschen, zumeist Schulabbrecher, in Lohn und Brot bringt. Hinzu kommen 60 000 neue Lehrer- und Erzieherstellen sowie jährlich tausend neue Jobs in der Polizei. Einen ebenfalls belebenden Konjunktur- und Beschäftigungseffekt verspricht sich der Sozialist vom Bau 300 000 neuer Wohnungen in fünf Jahren, davon zur Hälfte Sozialwohnungen.

Es soll gerecht zugehen

Rund 20 Milliarden Euro veranschlagt Hollande für diesen „Produktivpakt“, dem allerdings eine sehr optimistische Konjunkturprognose (2013: 1,7 Prozent; ab 2015: 2,5 Prozent) zugrunde liegt. Aber nicht nur die wachsende Wirtschaft soll Milliarden in die leeren Kassen spülen. Hollande will Steuerprivilegien abschaffen, Steuernischen schließen sowie Firmen und Gutverdiener (ab 150 000 Euro Jahreseinkommen) stärker zur Kasse bitten. Geht seine Rechnung auf, fließen auf diese Weise 29 Milliarden Euro in die Staatskasse. Immer wieder betont Hollande, dass es unter ihm „gerecht“ zugehen soll. Gleichzeitig besänftigt er das Bürgertum: „Die Mittelschicht wird beschützt.“

Als sich Hollandes großes Vorbild, François Mitterrand, in der V. Republik der bisher einzige Sozialist im Elysée-Palast, vor dreißig Jahren ums höchste Staatsamt bewarb, legte er einen Katalog mit nicht weniger als 110 Vorschlägen vor. Sein Enkel begnügt sich mit 60 - zusammengefasst in einem 42 Seiten, Taschenbuch großen Heftchen, das nun in 15 Millionen Exemplaren unters ganze Volk gebracht wird.

Der Anteil der Kernenergie soll schrumpfen

Im grünen Lager wird Hollande damit vorerst nicht punkten. Zwar will er das veraltete Problem-AKW Fessenheim (bei Straßburg) schließen, aber an einen völligen Verzicht auf Kernenergie denkt er keineswegs. Immerhin soll der Kernenergie-Anteil von jetzt 75 auf 50 Prozent schrumpfen.