Rom/Urumqi. Angesichts der blutigen Unruhen in der Uiguren-Region Xinjiang hat Chinas Präsident Hu Jintao seine Teilnahme am G-8-Gipfel in Italien überraschend abgesagt. Hu kehrte in der Nacht zum Mittwoch nach China zurück. Zehntausende Soldaten ins Krisengebiet zusammengezogen.
Angesichts der blutigen Unruhen in der Uiguren-Region Xinjiang hat Chinas Präsident Hu Jintao seine Teilnahme am G-8-Gipfel in Italien überraschend abgesagt. Hu kehrte in der Nacht zum Mittwoch nach China zurück. Drei Tage nach dem Gewaltausbruch in Xinjiangs Hauptstadt Urumqi erklärten die Behörden, die Lage sei unter Kontrolle, auch wenn Reporter von erneuten Übergriffen berichteten.
"Aufgrund der Verschlimmerung der Unruhen hat sich Präsident Hu Jintao entschieden, seine Rückkehr nach China vorzuziehen und nicht am G-8-Gipfel teilzunehmen», sagte der leitende politische Berater der chinesischen Botschaft in Rom, Tang Heng. Hu, der sich in Pisa in der Toskana aufhielt, traf noch am Mittwoch nach Angaben des Außenministeriums in Peking ein. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte nach Angaben aus deutschen Regierungskreisen am Rande des G-8-Gipfels mit Hu über die Unruhen sprechen wollen. Nach offiziellen Angaben wurden bei den Unruhen am Wochenende 156 Menschen getötet und mehr als tausend verletzt.
Soldaten trennen Uiguren von Han-Chinesen
In Urumqi erklärte Bürgermeister Jerla Isamudin in einer Fernsehansprache, die Lage sei unter Kontrolle. Zehntausende schwer bewaffnete Sicherheitskräfte bezogen auf einer Hauptverkehrsader Stellung, und teilten die Stadt faktisch zwischen Han-Chinesen und Uiguren auf. Laut der Nachrichtenagentur Xinhua galt in der Nacht eine Ausgangssperre. Vielerorts wurden Internetverbindungen gekappt. Bislang nahm die Polizei laut Xinhua mehr als 1400 Menschen fest. Peking wirft im Exil lebenden Uiguren vor, hinter den Ausschreitungen zu stecken. Die Uiguren machen dagegen die chinesische Seite für die Gewalt verantwortlich.
Entgegen den offiziellen Verlautbarungen berichteten AFP-Reporter erneut von Übergriffen auf Uiguren in Urumqi. Ein Gruppe von rund 20 Han-Chinesen habe einen uigurischen Mann mit Holzstöcken und anderen Gegenständen angegriffen. Obwohl die chinesischen Sicherheitskräfte einschritten, konnten sie demnach nicht verhindern, dass ein weiterer Angegriffener blutende Wunden im Gesicht erlitt. Zu Festnahmen kam es nach der Beobachtung der AFP-Reporter nicht.
Auslands-Uiguren melden rund 400 Tote bei Demos
Nach Angaben des Uigurischen Weltkongresses kamen bei den Unruhen weit mehr Menschen ums Leben, als von Peking zugegeben wird. Rund 400 Uiguren seien durch «Schüsse und Schläge» von Polizisten gestorben, schrieb die in den USA im Exil lebende Uiguren-Führerin Rebiya Kadeer in einem Beitrag für die asiatische Ausgabe des «Wall Street Journal». Die Proteste hätten sich mittlerweile über die Hauptstadt Urumqi hinaus auf andere Teile der Provinz ausgeweitet. Es gebe Berichte über mehr als 100 Tote in der Stadt Kashgar, sagte Kadeer, die sich gleichzeitig gegen Gewaltanwendung auf beiden Seiten aussprach.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International forderte, unabhängige Beobachter nach Xinjiang zu schicken. Russlands Außenminister Sergej Lawrow bezeichnete die Vorfälle indes als innere Angelegenheit Chinas. (afp)