Bochum. In Australien soll alles besser werden. Wirklich auf Touren kam der flotte Flitzer "BOcruiser" der Bochumer Hochschule bei seiner Vorstellung am Mittwoch nicht. Seine Tankstelle versteckte sich hinter den Wolken.
Zugegeben, das nasse Schweinewetter passte am Morgen nicht so recht zur Premiere des neuen Wunderfahrzeugs, das heute an der Bochumer Fachhochschule seine erste öffentliche Runde drehen sollte. Denn eigentlich soll der solar-betriebene „BOcruiser” ja Sonnenstrahlen tanken und keine Regentropfen. Doch selbst in der Garage machte der schnittige Flitzer eine gute Figur. Und im Oktober, wenn das Sonnenauto in Australien an der World Solar Challenge (WSC) teilnimmt, dürfte es noch heiß und hell genug werden.
32 Studenten waren zuletzt in jeder freien Minute mit der Konstruktion des neuen Solarwagens beschäftigt. Nun durften sie das Geheimnis lüften. Und heraus gekommen ist ein Vehikel, dass sie getrost auf den normalen Straßenverkehr loslassen könnten. Mit den fahrenden Tischtennisplatten früherer Tage hat der „BOcruiser” nur noch wenig gemein.
Er erinnert in der Form ein wenig an einen futuristischen Käfer, bedeckt ist er mit sechs Quadratmetern Solarzellen, die die nötige Energie liefern. Außenspiegel gibt es keine, die Rundumsicht ermöglichen Kamerasysteme und Monitore. Im Inneren des Fahrzeugs, bei dem zum Einsteigen kurzerhand das ganze Dach hochgeklappt wird, wäre sogar ausreichend Platz für drei Personen. Für den Wettbewerb ist aber nur ein einzelner Fahrerplatz integriert worden.
Lenkrad, Gas und Bremse - dafür keine Kupplung
Auch mit der Steuerung käme jeder Autofahrer sofort zurecht. Es gibt ein Lenkrad, Gas und Bremse. Kupplung und Gangschaltung sucht man indes vergebens. „Das ist konstruktionsbedingt, der Cruiser wird durch vier elektrische Radlager-Motoren betrieben”, erklärt Julian Stentenbach. Der Mechatronik-Student gehört zum Konstruktionsteam und wird einer von vier Studierenden sein, die bei der WSC in Australien tatsächlich am Steuer sitzen.
3000 Kilometer wird er dann mit seinem Team zurücklegen, von Darwin geht es quer durch den Kontinent bis nach Adelaide. Acht Stunden Fahrzeit sind pro Tag gefordert, „in den Tank” darf die Sonne des ganzen Tages. Fremde Energie ist dagegen nicht erlaubt. Zum Fahrzeug gehört deshalb auch eine zusätzliche externe Solaranlage, mit der die Batterien auch im Stand aufgeladen werden.
Hoffnungen auf den Sieg werden sich Julian und seine Kommilitonen kaum machen dürfen. Dazu steckt im „BOcruiser” einfach zu wenig Rennwagen. Er ist nicht Flunder-flach wie ein Formel 1-Bolide, sein höherer Luftwiderstand erlaubt keine überragenden Spitzengeschwindigkeiten. 50 Km/h ist normale Reisegeschwindigkeit, bei Tempo 100 wäre die Batterie so schnell leer wie ein Ferraritank.
Ziel ist Alltagstauglichkeit
Unser oberstes Ziel ist Alltagstauglichkeit”, erläutert Projektleiter Friedbert Pautzke. „Wir wollen Prototypen bauen, die auch für die normale Automobilindustrie interessant sein könnten.” Diesem Ziel näherte sich die schule in den letzten zehn Jahren auch immer mehr an. Bereits seit 1998 werden in Bochum Solarfahrzeuge gebaut. „MadDog” hieß der erste Flitzer, es folgten „Hans Go!” und „SolarWorld No. 1”. Neben beachtlichen Platzierungen bei einschlägigen Wettrennen brachten die Fahrzeuge der Hochschule auch schon ein ganzes Bündel internationaler Wissenschafts- und Innovationspreise ein. Und auch an der nächsten Generation wird jetzt schon gearbeitet, zumindest am Computer. Es soll ein Mehrsitzer werden.