Düsseldorf.
Karl-Josef Laumann, der Chef der CDU-Sozialausschüsse CDA, will eine „flächendeckende Lohnuntergrenze möglichst rasch“ einführen. Rot-Grün im Land wirft er Schuldenmacherei „auf Kosten unserer Kinder“ vor.
Frage: Die soziale Gerechtigkeit wird im Bundestagswahlkampf eine zentrale Rolle spielen. Was rät der Vorsitzende der CDU-Sozialausschüsse CDA seiner Partei?
Laumann: Die CDU sollte nicht versuchen, die SPD links zu überholen. Glaubwürdiger wäre es, zu demonstrieren, dass es mit unserer Politik gerecht zugeht. Wir privilegieren nicht einige Wenige und fördern auch nicht die Mentalität Mancher, möglichst viele staatliche Leistungen zu kassieren. Die Politik der CDU folgt dem bewährten Motto „Leistung muss sich lohnen“. Deshalb sind Löhne unterhalb der Existenzgrenze schlichtweg nicht in Ordnung. Damit sich Leistung auch für Geringverdiener lohnt, kämpfe ich dafür, dass die flächendeckende Lohnuntergrenze möglichst rasch in Kraft treten kann. Dieser Mindestlohn wäre der real existierende Beweis für gerechte und sozialverträgliche CDU-Politik.
SPD und Grüne wollen höhere Einkommen steuerlich stärker belasten. Das müsste doch eigentlich auf Zustimmung des Sozialpolitikers Laumann treffen?
Laumann: Das Schüren von Sozialneid war schon immer Bestandteil der Wahlkampagnen von SPD und Grünen. Schon heute müssen auf hohe Einkommen viel Steuern gezahlt werden. Mir ist wichtig, dass der Mittelstandsbauch in der Steuerprogression abgeflacht wird, damit Facharbeiter, Angestellte und Beamte endlich wieder von einer Lohnerhöhung profitieren. Hohe Steuern sind nicht automatisch Ausdruck von mehr Gerechtigkeit. Zählt man alle Versprechungen von Rot-Grün zusammen, besonders in der Rentenpolitik, aber auch in der Arbeitsmarktpolitik, sind es am Ende die Selbstständigen und die Fachkräfte, die die Zeche bezahlen müssen.
Gerechtere Politik besteht aus meiner Sicht vielmehr darin, den nachfolgenden Generationen nicht die Schulden unserer Generation aufzuladen. Was wir uns jetzt an öffentlichen Leistungen erlauben, muss auch von der Generation bezahlt werden, die davon profitiert. Die Lasten dürfen nicht - wie von Rot-Grün in NRW - durch eine hemmungslose Neuverschuldung in die Zukunft geschoben werden. Es wäre besser für Deutschland, wenn Rot-Grün diese verhängnisvolle Politik nicht auf den Bund erstrecken kann. Darum geht es bei der Bundestagswahl.
NRW macht 60 Prozent der Neuschulden aller 16 Bundesländer. Kann sich NRW die hohen Personal- und Pensionskosten im öffentlichen Dienst auf Dauer leisten?
Laumann: Die Haushaltsdebatte im Landtag hat es ans Tageslicht gebracht: Nach knapp drei Jahren Rot-Grün ist unser Land in finanzpolitischen Fragen handlungsunfähig. Erster Beweis ist, dass die Regierung Kraft-Löhrmann das Tarifergebnis des Öffentlichen Dienstes nicht auf unsere Beamten übertragen kann. Das ist glatter Wortbruch gegenüber den Landesbediensteten. Wenn eine gestandene Sozialdemokratin Tarifbruch zum Beispiel gegenüber den Lehrern begeht, muss doch jeder begreifen, wie groß die Not ist. Jetzt rächen sich die vielen Wahlgeschenke, die SPD und Grüne verteilt haben. Jetzt rächt sich, dass 2000 neue Stellen geschaffen wurden, statt Strukturen in der Landesverwaltung, bei der Polizei und bei der Lehrerschaft so zu verändern, dass ein qualitativ exzellenter öffentlicher Dienst auch bezahlt werden kann.
Was mich ganz besonders aufregt, ist, dass die Schwächsten, nämlich unsere Kinder mit Förderbedarf, bei der Umsetzung der notwendigen Inklusion unter diesem selbstverursachten Geldmangel leiden, denn das Projekt Inklusion ist völlig unterfinanziert.
Frage: Die Grünen wollen das Sitzenbleiben abschaffen, den Notendruck verringern und Schüler möglichst lange gemeinsam in einer Klasse unterrichten. Wie steht die CDU dazu, die den Schulkonsens mit Rot-Grün unterzeichnet hat?
Laumann: Ich bin überrascht, wie stark dieses Alt-68er-Gedankengut nach wie vor bei den Grünen verankert ist. Von dieser Politik können die Grünen ja träumen. Umsetzen können sie das in NRW nicht. Es war gut, dass wir den Schulkonsens in der Gunst der Stunde geschmiedet haben, als Rot-Grün noch keine eigenständige Mehrheit hatte. Dadurch wird sichergestellt, dass unser Schulsystem vielfältig bleibt und unsere Kinder sowohl auf die duale Ausbildung wie auf das Studium gut vorbereitet werden. Lernen soll Freude machen, Persönlichkeit bilden, aufs Leben vorbereiten. Lernen ist und bleibt aber auch mit Anstrengung verbunden. Nicht alle können und wollen studieren. Auch der mittlere Abschluss und der Hauptschulabschluss sind Erfolge. Für uns fängt der Mensch nicht erst mit dem Abitur an. Auch die Lehre ist eine tolle Sache.