Bochum.. Jens Förster galt als Forscherstar der Ruhr-Uni Bochum. Nun wurden schwere Vorwürfe gegen seine Arbeit laut. Der Ruhr-Uni entgehen deshalb Millionen.
Die Ruhr-Uni Bochum jubelte über den neuen Forscherstar: „Riesig ist die Freude in der Fakultät für Psychologie.“ Jens Förster sammelte Auszeichnungen wie kaum ein anderer Forscher seines Fachs, er zählt zu den „international produktivsten und renommiertesten Experimentalpsychologen“ und sollte an der Ruhr-Uni ein deutschlandweit einmaliges „Zentrum für Selbst-Regulation“ aufbauen. Im Gepäck hatte Förster die mit fünf Millionen Euro ausgestattete Alexander von Humboldt-Professur, einen der wichtigsten deutschen Forscherpreise.
Eigentlich sollte Förster den Preis bereits am 8. Mai 2014 entgegen nehmen. Kurz davor aber wurden Vorwürfe laut, Förster habe an der Universität Amsterdam, wo er zuvor tätig war, wissenschaftlich unsauber gearbeitet.
Zu schön um wahr zu sein
Die Uni Amsterdam sowie das Nationale Gremium für Integrität der Forschung (LOWI) in den Niederlanden untersuchten eine Studie aus dem Jahr 2012 und kamen zu dem Schluss, Förster müsse Daten manipuliert haben. Allerdings liegen dafür keine Beweise vor, nur statistische Indizien – kurz: Die Daten seien zu schön, um wahr sein zu können. Daraufhin legte die Humboldt-Stiftung die Förderung auf Eis.
Jetzt, fast ein Jahr später, verzichtet der Forscher von sich aus auf die hohe Auszeichnung, teilt die Alexander von Humboldt-Stiftung mit. „So einen Fall hatten wir noch nicht“, sagte ein Sprecher der Stiftung dieser Zeitung. Mehr wolle man dazu nicht sagen. Förster bestreitet die Vorwürfe nach wie vor vehement und möchte seinen Schritt nicht als ein Schuldeingeständnis gewertet sehen. An der Ruhr-Uni, wo Förster eine Vertretungsprofessur bis Ende September besitzt, wird in den kommenden Wochen entschieden, ob sein Vertrag verlängert wird.
Unliebsamer Kritiker?
Die Enttäuschung, dass nun weder die immense Forschungssumme fließt, noch das einzigartige Forschungszentrum eingerichtet wird, dürfte nach dem anfänglichen Jubel groß sein. Doch Silvia Schneider, Dekanin der Fakultät für Psychologie, zeigt Verständnis für Försters Schritt: „Er war einem wahnsinnigen Druck ausgesetzt und sah sich nicht in der Lage, parallel dazu ein großes Forschungsprojekt zu stemmen. Wir sind weiterhin von der Qualität der Arbeit von Professor Förster überzeugt.“
Doch der Wissenschaftskrimi erhielt eine weitere Wendung. Raphael Diepgen, ein Dozent, der seit Jahren die einführende Statistikvorlesung gehalten hat und sich gegenüber seinen Studenten mehrfach kritisch über die Arbeiten Försters geäußert haben soll, wurde die Vorlesung offenbar entzogen. Die Uni bestreitet einen Zusammenhang zwischen seiner Kritik und dem Ende der Tätigkeit als Methodendozent. Diepgen sei weiterhin an der Fakultät beschäftigt, die Lehrveranstaltungen in diesem Bereich seien nur „neu strukturiert“ worden – ein normaler Vorgang, erklärt die Dekanin.
Jens Förster selbst spricht auf seiner Homepage von unfairen Angriffen. „Die Organisation eines 5-Millionen-Projekts mit ca. 50 Mitarbeitern ist unter diesen Umständen allerdings schwer zu bewältigen“, begründet er seinen Verzicht auf den Humboldt-Preis. Außerdem habe er seine Lebenseinstellung geändert: „Ich will Sein statt Haben.“