Berlin. „Architekt der Wende“, „Begründer der EU“: Das sind die Reaktionen zum Tod des langjährigen Außenministers Hans-Dietrich Genscher.

Mehr als einmal wurde Hans-Dietrich Genscher nach der Meldung seines Todes von Weggefährten als „großer Staatsmann“ gewürdigt. Der langjährige Außenminister (1974 bis 1992) und FDP-Chef ist in der Nacht zum Freitag im Alter von 89 Jahren in seinem Haus in Wachtberg-Pech bei Bonn gestorben.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU)würdigte Genscher als einen weltweit geachteten Staatsmann. Zu seinem Tod im Alter von 89 Jahren erklärte sie am Freitag in einer Mitteilung: „Ich verneige mich in Hochachtung vor der Lebensleistung dieses großen liberalen Patrioten und Europäers.“ Sie bleibe „für all die Gespräche und Begegnungen mit ihm dankbar, bei denen ich bis in die letzten Jahre von seiner Welterfahrung und Lebensweisheit schöpfen durfte“.

Genscher habe das Amt des Außenministers geprägt wie kein anderer. Sein Lebenswerk habe zwei Zielen gegolten: dem europäischen Entspannungsprozess und der deutschen Wiedervereinigung. Er habe Millionen von Menschen in der DDR und in Osteuropa Hoffnung auf Veränderung gegeben – so auch ihr persönlich. „Als gebürtiger Hallenser hat Hans-Dietrich Genscher das Unrecht der deutschen Teilung nie hingenommen.“

Gauck: „Land in der Welt eine Gesicht gegeben“

Joachim Gauck würdigte Genscher als „herausragende Persönlichkeit in der Geschichte unseres Landes“. Mit seiner Verlässlichkeit und seinem diplomatischen Geschick hat Hans-Dietrich Genscher unserem Land in der Welt ein Gesicht gegeben und das Vertrauen bei unseren Partnern gestärkt. [...] Er hat die Geschichte unseres Landes in unruhigen Jahrzehnten mitgestaltet und geprägt“, sagte der Bundespräsident weiter.

Ex-Sowjetpräsident Michail Gorbatschow (85) hat den Tod seines früheren Verhandlungspartners als großen Verlust bezeichnet. „Man sagt, dass es in der Politik keine Freunde geben kann. Das stimmt nicht. Hans-Dietrich Genscher war in den letzten Jahren mein richtiger Freund. Ich habe einen Freund verloren“, sagte der russische Friedensnobelpreisträger am Freitag in Moskau. Der „herausragende Staatsmann“ Genscher habe wesentlich zum Ende des Kalten Krieges beigetragen. „Ihm wurde Leichtgläubigkeit vorgeworfen. Nachdem Deutschland wiedervereint war, mussten seine Kritiker zugeben, dass er Recht hatte“, sagte Gorbatschow.

Kinkel: „Er hat nie aufgegeben“

Klaus Kinkel, Genschers Nachfolger als Außenminister und FDP-Chef sagte: „Er hat nie aufgegeben. Das ist etwas, das sein Leben geprägt hat.“ Die französische Regierung nannte Genscher einen „überzeugten Europäer“. Er sei einer der wichtigen Akteure der Wiedervereinigung in Deutschland gewesen, sagte Außenminister Jean-Marc Ayrault nach Angaben seines Ministeriums am Freitag in Paris. Mit seinen politischen und menschlichen Qualitäten habe er diese wichtige Periode der europäischen Geschichte geprägt.

„Den Weg zur deutschen Einheit und die Verwirklichung der europäischen Idee hat er mit seinen Worten und seiner Diplomatie aktiv mitgestaltet und mitgeprägt“, erklärte indes NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) am Freitag in Düsseldorf. Die Stimme des FDP-Ehrenvorsitzenden habe bis ins hohe Alter Gewicht gehabt. „Unsere Gedanken sind bei seiner Familie.“ (mit rtr/dpa)

• So äußerte sich die Trauer in den sozialen Netzwerken: