Bayreuth. Die Uni Bayreuth ist sich sicher: Guttenberg hat bei seiner Dissertation absichtlich getäuscht. Demnach hat der Ex-Verteidigungsminister die wissenschaftlichen Standards grob verletzt.
Nachträglich schwerer Schlag für Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg: Die Universität Bayreuth hat dem CSU-Politiker am Freitag „vorsätzliches wissenschaftliches Fehlverhalten“ bei der Anfertigung seiner Doktorarbeit attestiert. Er habe „die Standards guter wissenschaftlicher Praxis evident grob verletzt und hierbei vorsätzlich getäuscht“, teilte die Universität Bayreuth am Freitagnachmittag mit. Zu diesem Ergebnis sei die zuständige Kommission "Selbstkontrolle in der Wissenschaft" nach einer knapp dreimonatigen Prüfung der Arbeit gekommen.
Guttenberg soll weite Teile seiner Doktorarbeit aus anderen Quellen abgeschrieben haben, ohne dies kenntlich zu machen. Dem Gutachten zufolge finden sich in der gesamten Dissertation Stellen, die als Plagiat zu qualifizieren seien. Besonders deutlich lasse sich dies anhand der verwendeten Ausarbeitungen des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages veranschaulichen. "Guttenberg habe sich immer wieder die Autorschaft angemaßt, was bewusstes Vorgehen voraussetzt", urteilt die Kommission. Dafür sprächen eine Vielzahl von Indizien - etwa Umformulierungen der Originaltexte, Umstellung der Syntax, Verwendung von Synonymen sowie einzelne Auslassungen.
Bericht wird im Internet veröffentlicht
Der vollständige Bericht, der etwa 40 Seiten und mehrere Anlagen umfassen soll, wird am kommenden Mittwoch (11. Mai) im Internet veröffentlicht. Am selben Tag will die Uni Bayreuth auf einer Pressekonferenz über die Arbeit der Kommission berichten. Guttenberg habe mit seiner Zustimmung zur Veröffentlichung des Berichts einen "entgegenkommenden Verzicht auf seine Persönlichkeitsrechte im Interesse der Aufklärung des Sachverhalts zum Schutze des Ansehens der Universität Bayreuth" geleistet, hieß es weiter.
Die Kommission hat im Fall zu Guttenberg auch das konkrete Promotionsverfahren untersucht und eine Mitverantwortung des Doktorvaters und des Zweitgutachters für das wissenschaftliche Fehlverhalten von Herrn zu Guttenberg verneint. Sie stellt allerdings fest, dass die Benotung der Doktorarbeit mit dem Prädikat "summa cum laude" einer ausführlicheren Begründung bedurft hätte. Die Gutachten gäben nicht genügend Aufschluss darüber, welches die hervorstechenden Thesen oder die besonderen Ergebnisse der Arbeit seien, derentwegen die Vergabe der Höchstnote gerechtfertigt erschien.
Abschluss der Ermittlungen gegen Guttenberg erst im Herbst
Welche Folgen der Abschlussbericht der Bayreuther Kommission für das in Hof laufende Ermittlungsverfahren gegen Guttenberg hat, steht noch nicht fest. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft konnte dazu am Freitag zunächst keine Auskunft geben. Allerdings hatten die Ermittler bereits vergangenen Monat erklärt, dass der Bericht zwar in das wegen Vorwurfs der Urheberrechtsverletzung eingeleitete Verfahren einfließen werde. Die Plagiatsvorwürfe müssten aber dennoch im Einzelnen geprüft werden. Mit einem Abschluss der Ermittlungen ist erst im Herbst zu rechnen.
Der CSU-Rechtsexperte Norbert Geis schließt trotz des Berichts eine Rückkehr Guttenbergs in die Politik nicht aus. "Ich sehe darin kein Hindernis, in die Politik zurückzukehren", sagte er der in Halle erscheinenden "Mitteldeutschen Zeitung" (Samstagausgabe). Das Urteil habe "schon Gewicht. Aber es ist nicht so gewichtig, dass eine Rückkehr nicht mehr möglich wäre." Allerdings werde zunächst "ein gewisser Abstand nötig sein".
Linken-Chef spricht von Ohrfeige für Merkel
Nach Ansicht des Linke-Vorsitzenden Klaus Ernst ist der Bericht eine "Ohrfeige" für Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die CDU-Chefin habe "einen unbelehrbaren Betrüger verteidigt. Das hinterlässt bleibenden Schaden", schrieb Ernst am Freitag im Kurznachrichtendienst Twitter.
Die Hochschule hatte Guttenberg bereits am 23. Februar den Doktortitel aberkannt. Damals hatte die Promotionskommission der juristischen Fakultät einen möglichen Täuschungsvorsatz im Sinne einer zügigen Entscheidung allerdings nicht geprüft. Guttenberg war am 1. März von seinem Amt als Verteidigungsminister zurückgetreten. Die Kommission zur Selbstkontrolle der Wissenschaft der Uni Bayreuth hatte zur Prüfung der Plagiatsaffäre um Guttenbergs zwei externe Experten hinzugezogen: den Sprecher der Ombudsmänner der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), Prof. Wolfgang Löwer aus Bonn und deb Direktor des Zentrums Philosophie und Wissenschaftstheorie in Konstanz, Prof. Jürgen Mittelstraß. (mit dapd und afp)